Opfer des Bottroper Apothekenskandals wenden sich an den Bundestag

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die Betroffenen fordern, im neuen Entschädigungsrecht berücksichtigt zu werden. Die Betroffenen fordern, im neuen Entschädigungsrecht berücksichtigt zu werden. © iStock/Bet_Noire

Die Opfer in dem Skandal um zu niedrig dosierte Krebsmedikamente fordern nach der Verurteilung des Apothekers Bundespolitiker zum Handeln auf.

Mitarbeiter der Apotheke hatten die Machenschaften des Bottroper Pharmazeuten Peter Stadtmann 2016 aufgedeckt. Das Essener Landgericht verurteilte den Mann 2018 schließlich zu zwölf Jahren Haft und einem lebenslangen Berufsverbot.

„Für Staatsanwalt und Politik mag dieser Skandal zu den Akten gelegt sein. Für uns Betroffene ist es nicht vorbei, denn unser Leid und das unserer Familien geht weiter. Er ist für uns täglich präsent“, schreiben Heike Benedetti und Ilona Strunk in einem Offenen Brief an die Fraktionen im Bundestag. Sie machen ihrem Frust zum Umgang mit den Betroffenen Luft. Schreiben von Betroffen würden von Politikern und aus den Ministerien oft mit Worten wie „sind nicht zuständig“, „Minister hat keine Zeit“, „wir haben weitergeleitet“ beantwortet.

Eine Zählung im kleinen Kreis von 800 Betroffenen habe 84 Verstorbene innerhalb dieser drei Jahre seit der Aufdeckung ergeben, schreiben die Frauen: „Dieses hochzurechnen auf die Zahl von mehr als 4700 Geschädigten mag man sich nicht ausrechnen.“ Für sie ist dies „ein Medizinskandal in einer Größenordnung, wie er in Deutschland noch nie vorgekommen ist“.

Fordern Berücksichtigung im neuen Entschädigungsrecht

Die beiden Brustkrebspatientinnen zitieren Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). Dieser sieht die Politiker in der Verantwortung, „die Betroffenen auf ihrem schwierigen Weg zu begleiten“. Er wirbt im Bundestag dafür, das neue Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) zu unterstützen. Auch „die Anerkennung einer psychischen Gewaltanwendung, derer wir mit den Unterdosierungen der Zytostatika ausgesetzt gewesen sind“, solle hierbei berücksichtigt werden, fordern die Frauen. Briefkopien liegen derzeit zur Unterschrift aus. Die Listen sollen dann ebenfalls an die Bundestagsfraktionen weitergeleitet werden.

Die Koalition plant, zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts ein neues Sozialgesetzbuch XIV zu schaffen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird zurzeit diskutiert (Drucksache-Nr. 19/13824). Ziel ist die Entschädigung von Opfern einer Gewalttat wie z.B. am Berliner Breitscheidtplatz, von Kriegsfolgen-Opfern sowie von Personen, die durch eine Schutzimpfung oder sonstige Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe nach dem Infektionsschutzgesetz, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Auch bei Schädigungen durch Krankenbehandlung sind weitergehende Entschädigungsleistungen geplant. Der Gewaltbegriff soll zugleich um Formen psychischer Gewalt ergänzt werden.

Medical-Tribune-Bericht