„Sag mal, Du bist doch Arzt“ - Buchbesprechung
Welcher Kollege kennt das nicht: Ob an der Kasse im Kaufhaus, auf dem Wochenmarkt oder auf der Feier mit Freunden – einmal als Arzt identifiziert, prasseln sofort Fragen auf einen hernieder. Ist der braune Fleck am Bauch gefährlich? Hat mir der Hausarzt die richtigen Medikamente verschrieben?
„Im Leben eines Arztes gibt es eine Konstante, der jeder Mediziner zustimmen würde: Wir sind niemals nicht im Dienst“, begründet der PR-affine Dr. Jessen die Idee zum Buch.
Abendgesellschaften sind definitiv am schlimmsten, erklärt der Londoner Hausarzt und Fernsehstar weiter. Denn je mehr Wein die Gäste intus hätten, desto gewagter würden die Fragen, die in der nüchternen Atmosphäre einer Hausarztpraxis nicht über die Lippen kämen. Familientreffen mutierten sehr häufig zu Sprechstunden im Kleinformat, in denen Tanten gerne wüssten, welche die beste Hormonersatztherapie ist. Oder der Bruder fragt, was es mit einer Schwellung auf sich haben könnte.
Damit Ärzte z. B. bei Abendgesellschaften endlich ihre Freizeit ein bisschen mehr genießen können, hat Dr. Jessen gängige und kuriose Fragen (von Kollegen und aus eigener Erfahrung) gesammelt und in dem Büchlein „Sag mal, Du bist doch Arzt - Die 200 häufigsten Fragen an Mediziner“ nebst Antworten zusammengestellt.
Untergliedert in kleine Kapitel: Gesundheit der Frau, des Mannes, Haut, Haar und Nägel, Magen, Darm und Gesäß, Ernährung und Fitness, Medikamente und Drogen, Reisen und Gesundheit, Sex, Schwangerschaft und Baby, beseitigt Dr. Jessen Irrtümer, gibt Tipps, wann ein Mensch in jedem Fall einen Arzt aufsuchen sollte (Blut im Urin), und beantwortet kuriose Fragen: „Bleibt Kaugummi wirklich sieben Jahre lang im Organismus, wenn man ihn verschluckt hat?“
Daneben finden auch allgemeine Fragen Platz, wie etwa: „Warum wird bei Erkältungen immer empfohlen, Hühnersuppe zu essen? Warum haben wir überhaupt Ohrenschmalz - und wie beseitigt man es am besten? Stimmt es, dass die Wahrscheinlichkeit eines Herzleidens größer wird, wenn man schlechte Zähne hat? Kann man Muttermilch produzieren, ohne schwanger zu sein? Ist es schlecht, wenn unser Hund unsere Kinder im Gesicht leckt?“
Ob es Dr. Jessen mit dem Büchlein tatsächlich schafft, Kollegen etwas mehr Freizeit in der Freizeit zu verschaffen, dürfte fraglich sein. Unterhaltsam ist das kleine Werk in jedem Fall und vielleicht weckt es ja beim Leser ein bisschen mehr Verständnis für Ärzte, dass diese auch einfach mal frei haben möchten.
Christian Jessen: „Sag mal, Du bist doch Arzt“, rowohlt Verlag, Februar 2012, 256 Seiten, ISBN: 978-3-499-62784-2, 8,99 Euro