Personalmangel Schwerstkranke und Sterbende noch stärker in regionalen Netzwerken betreuen

Gesundheitspolitik Autor: Angela Monecke

Geht gute Palliativversorgung trotz Pflegenotstand? Nur im Team, hieß es beim Aachener Hospizgespräch. Geht gute Palliativversorgung trotz Pflegenotstand? Nur im Team, hieß es beim Aachener Hospizgespräch. © Chinnapong – stock.adobe.com

Der Personalmangel ist in Palliativversorgung und Hospizarbeit angekommen. Diese Branche trifft es bislang aber noch nicht so hart wie andere. Viele Einrichtungen stehen personell vergleichsweise gut da – dank flacher Hierarchien und viel Wertschätzung für die Mitarbeiter. 

Mehr Zeit für die Patienten und deren Angehörige einplanen – das steht in der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen ganz oben. Palliativpatienten aus Zeit- und Personalmangel in der Versorgung „abzufertigen“, sei „inakzeptabel“, erklärten Experten beim diesjährigen Aachener Hospizgespräch. Knapp 300 Mediziner und Pflegende, ehrenamtlich Tätige, Seelsorger, Wissenschaftler sowie Vertreter aus der Politik und von den Kassen diskutierten den drohenden Personalnotstand, der Palliativstationen schon heute beschäftigt. 

Plötzlich sei diese Entwicklung nicht gekommen, sagte Veronika Schönhofer-Nellessen, Gastgeberin und Leiterin der Servicestelle Hospiz für die StädteRegion Aachen, gleichzeitig Geschäftsführerin des Vereins „Palliatives Netzwerk für die Region Aachen“. „Wir sind ein Bereich, der vulnerable Gruppen im Blick hat“, betonte sie. Dazu zählen Menschen, die schwerstkrank sind und im Sterben liegen und daher nicht nur rein medizinisch, sondern auch psychosozial auf besondere Weise begleitet werden müssen, ebenso ihre Angehörigen und Partner. „Da ist es besonders heftig, wenn Stellen länger nicht besetzt werden oder kaum Bewerbungen reinkommen für bestimmte Bereiche“, gab sie zu bedenken. 

Vom Personalmangel betroffen sei nicht nur die Pflege in der Palliativversorgung und Hospizarbeit, aber hierbei „zentral und stellvertretend“, so Schönhofer-Nellessen. Sei die Pflege nicht ausreichend, entfalle auch das Herzstück der Patientenversorgung – „die Zeit, die an den Betten verbracht wird“. 

„Jeder ist wichtig, wird respektiert und gehört“ 

Die Palliativmedizin sei ein Bereich, der von Patienten und Angehörigen seit Langem auf dem ersten Platz der Zufriedenheit in seiner Klinik genannt werde, berichtete Prof. Dr. Roman Rolke, Direktor der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Aachen und Ärztlicher Leiter der Veranstaltung. „Der Schlüssel zu diesem Erfolg ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Wir arbeiten mit viel Wertschätzung und flachen Hierarchien. Jeder ist wichtig, wird respektiert und gehört.“ In seinem Haus gebe es u.a. Supervisionen, um die Teams psychisch zu unterstützen, und wöchentliche Interventionen, bei denen schwierige Situationen diskutiert werden. „Auf das Team kommt es an“, betonte er. 

Als nachhaltige Strategien für den Palliativ- und Hospizbereich sehen die Experten sog. Caring Communities – vom Krankenhaus über die Altenhilfe bis zum ambulanten Pflegedienst –, in denen die Einrichtungen eines Quartiers noch enger zusammenarbeiten und somit auch besser strukturiert evaluieren können. Diskutiert wurden zudem gemeinsame Notfall- und Versorgungskonzepte. 

„Wir müssen kooperieren“, so Dr. Elisabeth Ebner, Fachärztin für Anästhesie, Spezielle Schmerztherapie und Palliativmedizin aus Stolberg, etwa mit dem Pflegedienst vor Ort. Einem ambulant betreuten Patienten könne der Palliativdienst z.B. auch gut eine Infusion anlegen, wenn er ihn ohnehin zu Hause besuche. Die Berufe in der Hospiz- und Palliativversorgung müssten zudem attraktiv und die Jobs noch flexibler gestaltet werden, besonders für junge Menschen. 

Hier seien vor allem die Träger gefordert, sich zu öffnen, so Schönhofer-Nellessen. Die Work-Life-Balance rücke mehr in den Fokus, die Jobs müssten „viel familien-, freizeit- und menschenfreundlicher gestaltet werden als in der Vergangenheit“. Auch eine bessere und schnellere Integration zugewanderter Fachkräfte sei nötig; hierfür müssten bislang langwierige Anerkennungsverfahren beschleunigt werden. Gefordert sei auch eine stärkere Einbindung des Ehrenamts in die Hospiz- und Palliativversorgung, das jedoch nicht zum Lückenbüßer für den zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel werden dürfe, stellten die Experten klar.

Quelle: Aachener Hospizgespräch