Stimmung der Hausärzt:innen Statistik bestätigt die gefühlte Lage
Das Zi hatte 3.401 Praxisinhaber zu ihrer Situation befragt. Demnach schätzen in diesem Jahr 55 % der Niedergelassenen ihre berufliche Situation als schlecht bzw. sehr schlecht ein. Das ist noch einmal ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Waren noch 2019 lediglich 30 % der Befragten mit ihrer Situation in der Niederlassung unzufrieden, stieg dieser Wert in den beiden Folgejahren bereits auf 41 % (2020) bzw. 45 % (2021) an.
Im größten Fachgebiet der hausärztlichen Allgemeinmedizin und Inneren Medizin wird die Lage sogar von 60 % der Niedergelassenen als schlecht bis sehr schlecht bewertet. Noch mäßiger ist die Stimmung bei Inhabern gynäkologischer und orthopädischer Praxen, wo jeweils über 70 % der Niedergelassenen zu einer negativen Bewertung ihrer Situation kommen.
Kosten und Bürokratielast zehren die Praxen aus
Das Barometer zeige ein besorgniserregendes Stimmungsbild in den ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen in Deutschland, erklärt der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden bewerte die Rahmenbedingungen für ihren Praxisalltag zutiefst negativ. Das sei ein deutliches Warnzeichen.
Die Gründe sieht Dr. von Stillfried vor allem in den Kostensprüngen und der Bürokratie, die die Praxen auszehren würden. Hinzu käme eine mangelnde Wertschätzung durch die Politik, die die Niedergelassenen weiter demotiviere, sowie handfeste wirtschaftliche Nachteile, die die Praxisinhaber zunehmend belasten. Als Beispiele nannte Dr. von Stillfried die Regressandrohungen, den Zwang, eine dysfunktionale Telematikinfrastruktur implementieren zu müssen und die unzureichende Weiterentwicklung der Finanzierung durch die Krankenkassen. Die Folge werde sein, dass der medizinischen Versorgung die Praxen ausgehen, prophezeit der Zi-Chef. Denn Niedergelassene, die aufhörten, fänden immer seltener Nachfolger für die Praxis.
Unter Verweis auf den anstehenden Generationswechsel in den Praxen fordert Dr. von Stillfried, dass die Rahmenbedingungen für die Niederlassung attraktiver gestaltet werden müssten: Schon jetzt seien bundesweit fast 6.000 Arztsitze unbesetzt, weil die Niederlassung im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der ärztlichen Berufstätigkeit an Attraktivität eingebüßt habe. Von der Schließung seien auch MVZ mit angestellten Ärzten bedroht. Denn die ambulante Versorgung sei chronisch unterfinanziert. Aktuell bestehe eine Finanzierungslücke von 1,8 Mrd. Euro.
Und die Praxen würden immer weiter abgehängt: Während die Krankenkassen für ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen im ersten Quartal 2023 nur 1,6 % mehr ausgegeben hätten, schnellten die Ausgaben für Krankenhäuser mit 7,7 % nach oben. In der Sorge um eine Existenzsicherung der Kliniken werde leider immer wieder übersehen, dass die Praxen das Fundament der medizinischen Versorgung seien. Sie behandeln weit mehr als das Zwölffache dessen, was Kliniken ambulant leisten, so Dr. von Stillfried. Würden die Praxen zunehmend ausfallen, würden Lücken gerissen, die die völlig überforderten Krankenhäuser niemals füllen könnten. „Die Politik kann das Ruder herumwerfen oder sehenden Auges in den Praxenkollaps steuern“, mahnt der Zi-Vorsitzende. Er stützt damit das Drohszenario, dass die KBV bereits an die Wand gemalt hatte.