Kommentar Tickets für Praxis und Notaufnahme
„Sie war ein gutes Instrument und wäre eine Überlegung wert“, meint die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken. Selbst wenn diese Eigenbeteiligung keine große Steuerungswirkung habe, könne damit mehr Geld ins System gelangen, gibt die CDU-Politikerin ihre Stoßrichtung preis.
Die Idee einer „sozial abgefederten“, von den Kassen erhobenen Zuzahlung sowie einer Notfallgebühr findet auch bei KV-Vorständen Zuspruch. Ihnen geht es um die knappe Ressource Arztzeit. Die soll nicht durch unnötige Kontakte aufgezehrt werden.
Angesichts der avisierten Notdienstreform sorgt sich der Hausärzteverband ebenfalls um die Beanspruchung der Niedergelassenen. Er schlägt vor: In einer Ersteinschätzung per Telefon oder Video werden Patienten informiert, ob die Notaufnahme, der ÄBD oder die Hausarztpraxis für sie die richtige Anlaufstelle ist. Dazu gehört ein „verbindliches Ticketsystem“. Ist das erfolgreich etabliert, sollten „sozialverträgliche Maßnahmen“ für diejenigen erwogen werden, „die dieses System bewusst unterlaufen und so die Notaufnahmen vermeidbar belasten“.
Eine Notfallgebühr lehnt der Bundesgesundheitsminister allerdings kategorisch ab. Sicherlich ahnend, welchen Preis die SPD für die erneute Einführung von „Eintrittsgeldern für Patienten“ zu zahlen hätte. Das Argument, eine weitere Zuzahlung würde „diejenigen besonders treffen, die aus wirtschaftlichen Gründen die notwendige Notfallversorgung nicht in Anspruch nehmen können“, kann nicht völlig überzeugen, wenn man sieht, wofür die Menschen sonst gerne z.B. 20 Euro ausgeben. Ohne Steuerungseffekt wäre allerdings ein X-Euro-Ticket: Einmal im Vierteljahr zahlen und dann frei surfen.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik