Kommentar Mehr zahlen, bitte!
Mit seiner Wahl zum Bundesärztekammer-Präsidenten hat Hausarzt Dr. Klaus Reinhardt die GOÄ-Reform zur Chefsache gemacht. Allerdings sitzt der Herr des Verfahrens im Bundesgesundheitsministerium. Dort beschäftigt man sich seit Jahr und Tag aber lieber mit anderen Dingen.
Das soll sich ändern. Berufsverbände fordern es, Delegiertenbeschlüsse und ärztliche Redner: Wie den anderen freien Berufen steht auch den Ärzten und ihren Patienten eine zeitgemäße, transparente Gebührenordnung zu! Doch alle Versuche der Ärzteschaft, die GOÄ komplett modernisieren zu lassen, haben nicht gefruchtet. Jetzt sollen die Privatpatienten einen Vorgeschmack auf die neue Welt bekommen.
Abrechnungen von im direkten Arzt-Patienten-Kontakt erbrachten Besuchen, Beratungen und Untersuchungen können mit hohem Steigerungsatz oder einer Honorarvereinbarung auf das künftig erwünschte Niveau gehoben werden. Wie man das rechtssicher anstellt, erklärt die BÄK. Doch nicht die Patienten und PKV will man damit treffen, sondern die Politik, an die der Handlungsdruck weitergegeben werden soll.
Kann diese Rechnung aufgehen? Ich habe Zweifel. Die BÄK befindet sich in einer Zwangslage. Sie muss etwas tun, um den zähen Prozess anzuschieben. Das hat aber rechtlich einwandfrei zu geschehen und darf nicht für eine öffentliche Stimmung sorgen, die sich gegen die Ärzteschaft wendet. Doch eine gemeinsame Resolution mit Berufsverbänden und Fachgesellschaften sichert noch kein kollektives Verhalten. Bisher gelang es Ärzten auch mit mittlerem Steigerungssatz, Deckungsbeiträge mit Privatkunden zu erzielen, die deutlich über GKV-Niveau liegen. Warum jetzt Ärger mit Patienten wegen nicht erstatteter Mehrkosten in Kauf nehmen? Jedenfalls: Wer jetzt „absolut rechtskonform“ im Sinne der BÄK bei der Liquidation draufsattelt, hat in jedem Fall mehr Aufklärungsaufwand.
Würde man wetten wollen, dass Dr. Reinhardt noch als BÄK-Präsident die GOÄ-Reform erleben wird – die Quote wäre hoch. Schon mit dem Deutschen Ärztetag im Mai könnte dieses Kapitel beendet sein.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik