Kommentar Ein Mangel, der wehtut
Schmerzpatienten gibt es in Deutschland rund 20 Millionen. Davon leiden etwa 4 Millionen unter schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen. Selbst von diesen letztgenannten werden aber nur 400.000 von einem der 1.300 ambulant tätigen Schmerzmediziner versorgt. Und nur in 450 Kliniken wird aktuell eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie durchgeführt.
Immer wieder mahnen Berufsverbände, dass die schmerzmedizinische Versorgung in Deutschland mangelhaft ist. Zuletzt der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD). Die KVen würden ihrer Verpflichtung, die ambulante ärztliche Versorgung aller gesetzlich Versicherten sicherzustellen, nicht nachkommen, die Versorgung von Schmerzpatientinnen und -patienten sei weder quantitativ noch qualitativ sichergestellt.
Dieser Mangel hat Ursachen. In der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie nicht vorgesehen. Es gibt keinen Facharzt und entsprechend keine Bedarfsplanung für Schmerzmedizin. Die einjährige Zusatzweiterbildung Spezielle Schmerztherapie wird nur von einer einzigen KV (Westfalen-Lippe) gefördert. Und ein vom BVSD mitentwickeltes Konzept zur multimodalen schmerzmedizinischen Behandlung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nach dem Modell der SAPV-Palliativversorgung liegt in der Schublade.
Jetzt fordert der BVSD im Rahmen der anstehenden Krankenhausreform, die Schmerzmedizin als eigenständige Leistungsgruppe zu verankern. Ob die Entscheidungsträger ihren Job an diesem Punkt richtig machen, ist für die Hausarztpraxen von Belang. Denn falsche politische Entscheidungen könnten sich auch auf die existierenden schmerzmedizinischen Kliniken auswirken. Dann würden die Praxen erst recht einen Run von schmerzkranken Patienten erleben. Wird die Versorgung von Schmerzpatienten dagegen auf gesunde Füße gestellt, würde das die Praxen deutlich entlasten.
Anouschka Wasner
Redakteurin Gesundheitspolitik