Verrat an Arzt und Patient

Aus der Redaktion Autor: Anouschka Wasner

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Die Gesetze aus dem Gesundheitsministerium sorgen zurzeit für breite Kritik von Datenschützern und Patientenverbänden. Der Arzt wird dabei zum Erfüllungsgehilfen. Ein Kommentar.

Eine Mega-Gesundheitsdatenbank soll im Huckepack des Digitale-Versorgung-Gesetzes von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn entstehen. Alter, Geschlecht, sozioökonomische Faktoren, Wohnort, Behandlungen und digitale Gesundheitsanwendungen der 73 Millionen gesetzlich Versicherten sollen einem „staatlichen Forschungsdatenzentrum“ zugeführt und ohne Zustimmung der Patienten für die Forschung verwendet werden. Am 7. November steht das Gesetz im Bundestag zum Beschluss. Empörung wurde erst kurz vorher laut.

Dabei ist das Kind an anderer Stelle – auch fast unbemerkt – schon erschreckend tief in den Brunnen gefallen: Das jüngst vom Bundestag beschlossene Implantateregister-Errichtungsgesetz EIRD verpflichtet Gesundheitseinrichtungen, Daten von Implantat-Empfängern zentralisiert speichern zu lassen und zur Nutzung freizugeben. Ab Januar 2020 reicht also ein neues Knie, um jede Kontrolle über die Weitergabe von Befund und Anamnese, Gewicht und Größe, Pilleneinnahme und Rauchverhalten zu verlieren.

Nach der Einwilligung des Patienten fragt auch hier keiner, Widerspruch ist auch hier nicht möglich. Klingt irgendwie gar nicht DSGVO-konform? Die gesetzliche Pflicht ersetzt einfach die informierte Zustimmung des Patienten. Die zwangsgesammelten Daten werden zwar pseudonymisiert. Aber die Breite und Tiefe der Daten ermögliche jedem Empfänger die Re-Identifizierung, sagen Sicherheitsexperten.

Und die unkontrollierte Weitergabe innerhalb des Big-Data-Flusses mache es unmöglich, Datenschutzverstöße zu bemerken, geschweige denn aufzuklären.

Der Minister sagt, Ziel des Gesetzes sei die Verbesserung der „Sicherheit und Qualität von Implantationen“. Richtig ist, dass unter irreführendem Gesetzestitel die informationelle Selbstbestimmung der Bürger außer Kraft gesetzt und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zerstört wird.

§ 203 des Strafgesetzbuches, die Basis des Arzt-Patienten-Verhältnisses, ist damit ausgehebelt. Und wenn ein Arzt einfach nicht meldet? Das Gesetz will nicht nur spielen. Bei Meldeverstößen verlieren Arzt oder Gesundheitseinrichtung den Anspruch auf Vergütung. Der Arzt wird zum Erfüllungsgehilfen eines Ministers, der Bürger- und Patientenrechte missachtet. Gemerkt haben all das noch wenige. Die Mimikry – Spahn als engagierter Kümmerer – funktioniert.


Anouschka Wasner
Redakteurin