Notfallversorgung Weiterleiten zur jeweils besten Versorgungsform

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die Notfallversorgung muss Hand in Hand gehen. Helfen könnte hierbei ein umfassendes Informationssystem. Die Notfallversorgung muss Hand in Hand gehen. Helfen könnte hierbei ein umfassendes Informationssystem. © Comofoto – stock.adobe.com

Eine Reform der Notfallversorgung ist überfällig. Politisch erwogen wurde sie mehrmals, auch im aktuellen Koalitionsvertrag ist davon die Rede. Experten haben auf Einladung der Bertelsmann Stiftung eigene Ideen dazu entwickelt.

Der Entwurf ist in einer Lang- und einer Kurzfassung nachzulesen unter bertelsmann-stiftung.de. Die vom Sachverständigenrat für Gesundheit empfohlenen Integrierten Notfallzentren zur gemeinsamen Sicherstellung der Notfallversorgung durch Landeskrankenhausgesellschaften und KVen sind im Konsenspapier nicht vorgesehen. Stattdessen heißt es: „Die Entscheidungen über den geeigneten Behandlungsweg werden ausschließlich vertragsärztlich getroffen.“ Man habe sich am Machbaren orientiert und auf wichtige Grundzüge einigen können, erklärt Dr. Eckhard Starke, Vorstandsvize der KV Hessen.

„Für alle Beteiligten besteht Konsens zur ambulanten Versorgung und das bedeutet, wer ambulant behandelt werden kann, soll auch ambulant behandelt werden“, ergänzt Matthias Gruhl, Gesundheitsstaatsrat a. D. der Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. Beschrieben werde eine Kultur des gemeinsamen Handelns bei der Notfallversorgung an den Sektorengrenzen.

Einbinden von Pflegedienst und Palliativversorgung

Empfohlen wird im Reformpapier, zuerst ein „fachkundiges Gremium“ (FG) zu bilden, das hilft, die Systeme und Prozeduren zur (Erst-)Einschätzung der Dringlichkeit und zur Weiterleitung des Notfalls in die jeweils beste Versorgungsform zu vereinheitlichen. Die Zugangsmöglichkeiten für Notfallpatienten sollen sich dabei nicht ändern.

Vorschläge zur Besetzung des FG sollen von Kassen, KVen, Krankenhausgesellschaften, Gesundheits- sowie Innenministerkonferenz und kommunalen Spitzenverbänden kommen und die Länder sollen nach den Kriterien des G-BA die Krankenhäuser für eine abgestufte Notfallversorgung bestimmen.

Notfallpatienten könnten laut der Expertenvorschläge durch das Hinzuziehen eines besonderen Notfall-Pflegedienstes in der eigenen Häuslichkeit verbleiben. Menschen in finaler Lebensphase, für die derzeit oft der Rettungsdienst bemüht werde, könnten vom Einschalten einer Palliativversorgung profitieren.

Rettungs- und vertragsärztlicher Bereitschaftsdienst müssten dafür jedoch auf die verfügbaren speziellen Möglichkeiten Zugriff erhalten. Notärzte des Rettungsdienstes sollten Rezepte, Bescheinigungen und Überweisungen an den vertragsärztlichen Notdienst oder zu vertragsärztlichen Partnerpraxen ausstellen dürfen.

Gemeinsames, umfassendes Informationssystem

Vorgeschlagen wird, dass von den Rettungsdiensten sogenannte Notfall-Slots digital buchbar sind und Patienten direkt dorthin transportiert werden können. Die Kassenärzt­lichen Vereinigungen haben solche Kapazitäten vorrangig mittels Portalpraxen an Kliniken oder während der normalen Sprechzeiten durch vertragsärztliche Partnerpraxen sicherzustellen. Ärzte in der Notaufnahme sollen per Videokonsultation auf die Praxisexpertise zurückgreifen können.

Basis für die Notfallversorgung sind das Ersteinschätzungsverfahren per kassenärztlicher Notfallnummer 116 117 und Portalpraxen. Auch Krankenhausärzte sollen im Auftrag der KV die Ersteinschätzung vornehmen können. Zur praktischen Umsetzung der intersektoralen Zusammenarbeit wird an ein gemeinsames, umfassendes Informationssystem gedacht.

Alle ambulanten Ressourcen sollen – in Verantwortung der KVen – online von jeder Ebene der Notfallversorgung einzusehen und abzurufen sein. Bezüglich der oft überlasteten Rufnummer 116 117 erwartet Dr. Starke eine deutlich bessere Erreichbarkeit nach der Pandemie.

Quelle: Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung