Künftige Notfallversorgung: Niedergelassene und KV dringen in Klinikambulanz vor
„Das Jahr ist gut gestartet“, findet KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Er sieht die von Minister Jens Spahn ausgelöste „Dynamik“ im Gesundheitswesen (im Schnitt ein Gesetzesvorhaben pro Monat) durchaus auch positiv. Insbesondere der Referentenentwurf zur Reform der Notfallreformversorgung gehe in die richtige Richtung.
Zentrale Anlaufstelle mit 24-Stunden-Service
Vorgesehen ist, dass ausgewählte Krankenhäuser gemeinsam mit der KV Integrierte Notfallzentren (INZ) betreiben, wo mittels Triage eine Patientenlenkung stattfindet: Welcher Patient bedarf als echter Notfall der Hilfe des Krankenhauses, wer kann sofort ambulant behandelt werden, wer ist ein Fall für den regulären Praxisbetrieb? Die INZ werden rund um die Uhr geöffnet sein. Ihre fachliche Leitung obliegt der jeweiligen KV.
Eigentlich, so erklärt Dr. Gassen, ist es eine Spiegelung des 116117-Services, wo dieses Vorgehen über ein Callcenter abgewickelt wird: Ist der anrufende Patient ein Fall für den Rettungsdienst (dann erfolgt dessen Aktivierung) oder für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) bzw. eine Praxis in der Nähe?
Diese INZ in „idealtypischer Ausprägung“ werde es eher vereinzelt geben, sagen Dr. Gassen und KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister voraus. Nicht jedes Krankenhaus habe z.B. einen Schock- oder Polytraumaraum. Auch Notfallstrukturen an Kliniken zu etablieren, die vor einer Insolvenz stehen, halten die KBV-Vertreter für falsch. Jedes Jahr gingen solche Kliniken vom Netz. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) schließt aus Spahns Plänen, dass es an etwa jedem zweiten an der Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhaus ein INZ geben wird.
Keine Einmischung in den Medizinbetrieb der Klinik
Fehlt es hierfür an Notfallmedizinern? Der KBV-Vorstand sieht kein Problem. In den Notfallambulanzen der Kliniken seien bislang auch Ärzte in Weiterbildung tätig. Schon heute seien vielerorts ÄBD und Krankenhaus verzahnt – räumlich und über die Beschäftigung von Klinikärzten im Bereitschaftsdienst der KV. Die Einigkeit, die die Körperschaft und der Marburger Bund in puncto Notfallversorgung an den Tag legen, lässt den KBV-Vorstand vermuten, dass sich mit den Kollegen vor Ort „schnell Kompromisse finden lassen“. Die KVen wollen sich gar nicht in die medizinische Versorgung echter Notfälle, etwa mit Herzinfarkt oder Schlaganfall, durch das jeweilige Krankenhaus einmischen, betont Dr. Hofmeister. Insoweit beruhe die Kritik von Verbänden der Notfallmediziner an der geplanten KV-Leitung der INZ auf einem Missverständnis. Es gehe lediglich darum, eine Tür am Krankenhaus (nämlich die der Klinikambulanz) zu schließen, um alle selbst ernannten, fußläufigen Notfallpatienten am zentralen Triage-Tresen entlangzuführen. Die vehementen Beschwerden der Deutschen Krankenhausgesellschaft und von Notfallmedizinern über den Gesetzentwurf können Dr. Gassen und Dr. Hofmeister nicht so recht nachvollziehen. Bisher hätten die Hospitäler über die defizitäre Notfallversorgung geklagt, jetzt sei plötzlich von einem „Milliardengeschäft“ die Rede, das zu den Niedergelassenen umgelenkt werden solle.Entscheidungen beim G-BA und Landesausschuss
Notfallversorgung ist ein Zuschussgeschäft
Laut Dr. Hofmeister reichen die im ÄBD erzielten Einnahmen in der Regel nur aus, die eingesetzten Ärzte und medizinischen Fachangestellten zu bezahlen. Für die Finanzierung der Strukturen lange das Geld nicht, hier butterten die KVen bzw. ihre Mitglieder über Verwaltungsgebühren zu. Kämen nur 1,6 Notfallpatienten pro Stunde, wie in der allgemeinärztlichen KV-Praxis auf dem Gelände der Universitätsmedizin Mainz gemessen, genügten die Einnahmen nicht mal fürs Personal, erklärt Dr. Hofmeister. Gravierende Einbußen für die Krankenhäuser kann er sich – theoretisch – nur vorstellen, wenn sich leere Klinikbetten nicht mehr mit leichten Fällen via Ambulanz füllen lassen. Der KBV-Vorstand begrüßt ferner, dass Rettungsdienst (112) und 116117-Service als sog. Gemeinsame Notfallleitstellen zusammengeschaltet werden, dafür aber kein gemeinsamer Betrieb an einem Ort notwendig ist. Allerdings müsse hier noch einiges getan werden. Denn besser als Patienten an die Zuständigkeit einer anderen Stelle zu verweisen, wäre es, wenn die bereits aufgenommenen Daten der anderen Organisation auch sogleich verarbeitbar übermittelt werden könnten.Quelle: KBV-Pressegespräch