Zwischen Ignoranz und Panikmache
Eine Kollegin schickte mir Ende letzten Jahres – also vor Corona – einen Artikel der Washington Post: „Die Welt verliert im Kampf gegen Krankheiten“. Die Bedrohung durch gefährliche Krankheiten habe in den letzten 20 Jahren zu einem Wechsel zwischen panikartiger Reaktion und totaler Ignoranz geführt. Erkrankungen wie das Mittlere-Osten-Atemwegs-Syndrom, die Schweinegrippe und der Ebola-Ausbruch in Afrika mit Tausenden von Toten – „diese Ereignisse hätten uns warnen sollen, aber wir taten nichts!“, schreibt die Zeitung.
Ab Dezember 2019 ging es Schlag auf Schlag: Chinesische Behörden registrieren erste Infektionen mit einer unbekannten Lungenerkrankung. Aus Wuhan kommt am 11. Januar 2020 die Meldung über den ersten Todesfall. Eine Pandemie ist möglich, sagt der Virologe Professor Dr. Christian Drosten zehn Tage später, es wäre sinnvoll eine internationale Gesundheitsnotlage auszurufen. Trotz der schnellen Zunahme der Infektionen wird keine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ ausgerufen.
Am 27. Januar bestätigt das bayerische Gesundheitsministerium den ersten Fall in Deutschland. Wie viele andere Nationen sind auch wir nicht auf eine Pandemie vorbereitet. In der Praxis beginnen wir Alltagsmasken zu tragen, die Anmeldung wird mit einem „Spuckschutz“ geschützt und wir entschließen uns, eine Corona-Ambulanz in ausgelagerten Räumen der Verbandsgemeinde einzurichten. Zum Glück haben wir noch Restbestände an Schutzkleidung aus vergangenen Jahren. Von unserer KV kommt von Anfang an jede mögliche Unterstützung – außer Masken, die kann sie auch nicht backen.
Dann der Sommer. Zeit zum kurz Durchatmen und sich auf den Herbst vorzubereiten. Ich hatte gehofft, dass alle aus der verspäteten Reaktion der Politik auf Masken- und Schutzkleidungsmangel gelernt hätten. Weit gefehlt. Obwohl seit Monaten die Vorteile von FFP2-Masken und Corona-Antigen-Schnelltests gepriesen werden, werden sie erst im Dezember eingesetzt. Auch die Grippeimpfung kommt nicht wirklich zum Zug – Impfstoffmangel. Mein Fazit? Wenig gelernt.