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99 % pathologisches Ansprechen nach nur vier Wochen neoadjuvanter Immuntherapie
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Ein Zyklus Nivolumab und Ipilimumab sowie ein weiterer Zyklus Nivolumab: Diese Behandlung reichte in der NICHE-2-Studie aus, um die Tumormasse bei 95 % der Patientinnen und Patienten mit dMMR Kolonkarzinom um mindestens 50 % zu reduzieren. 67 % der Teilnehmenden erreichten sogar eine 100%ige Abnahme – ein pathologisches Komplettansprechen also. Der entsprechende „Waterfall-Plot“ zum Tumoransprechen auf die kurze neoadjuvante Immuntherapie sehe wirklich aus wie ein Wasserfall, erklärte Dr. Myriam Chalabi vom Netherlands Cancer Institute in Amsterdam und erntete für ihren Vortrag minutenlangen Applaus.
Schon 2020 hatte sie über 20 Patient:innen berichtet, die in der explorativen Studie NICHE-1 alle auf eine nur vierwöchige Therapie mit einem dreiwöchigen Zyklus Nivolumab (3 mg/kgKG) plus Ipilimumab (1 mg/kgKG) und nachfolgend einem weiteren Zyklus Nivolumab allein angesprochen hatten.1 Nun stellte sie Daten einer größeren Kohorte von 112 Teilnehmenden mit nicht-metastasiertem, nicht vorbehandeltem Kolon-Adenokarzinom mit dMMR (cT3 und/oder radiologisch N+) vor, die im Rahmen der NICHE-2-Studie entsprechend behandelt worden waren.2 Die Teilnehmenden aus NICHE-1 wurden dabei mit eingeschlossen. Die NICHE-2-Studie soll die Machbarkeit der neoadjuvanten Therapie belegen und das krankheitsfreie Überleben nach drei Jahren untersuchen.
Mit einer 98%igen Rate pünktlicher OPs war der primäre Sicherheitsendpunkt erreicht. Die mediane Zeit bis zur OP betrug nur 5,4 Wochen, betonte Dr. Chalabi. Nur bei zwei Betroffenen (2 %) kam es aufgrund immunassoziierter Nebenwirkungen (IRAE) zu einer Verzögerung der OP, die maximal zwei Wochen betrug. Insgesamt entwickelten 61 % eine IRAE, einen Grad ≥ 3 erreichten diese unerwünschten Ereignisse bei 4 %.
Bei allen OPs wurde eine R0-Resektion erzielt. Nur in einem Resektat (1 %) hatte der Tumor um weniger als 50 % angesprochen, bei 99 % zeigte sich ein pathologisches Ansprechen (mindestens 50 % pathologische Tumorregression), so die Rednerin. Die hohe pCR-Rate von 67 % lasse an die Möglichkeit eines organsparenden Vorgehens denken, wie sie im Zusammenhang mit ersten Ergebnissen der neoadjuvanten Immuntherapie bei dMMR Rektumkarzinomen bereits diskutiert wurde.3
Der zweite primäre Endpunkt der Studie, das Drei-Jahres-DFS, ist aktuell noch nicht auswertbar. In der medianen Beobachtungszeit von 13,1 Monaten war bisher kein einziges Rezidiv aufgetreten. Erwartbar wäre bereits in diesem Zeitraum eine Rezidivrate von etwa 15 %, meinte Dr. Chalabi. Sie hofft, die DFS-Ergebnisse der NICHE-2-Studie 2023 präsentieren zu können.
Bisherige Versuche, das Rezidivrisiko bei dMMR Kolonkarzinomen zu senken, waren nicht erfolgreich. Eine neoadjuvante Chemotherapie führte bei dMMR Karzinomen des Kolons im Stadium III nur bei 5–7 % der Behandelten zu einem pathologischen Ansprechen. Die jetzt vorgestellten Ergebnisse demonstrieren laut der Expertin, dass eine kurze neoadjuvante Immuntherapie das Potenzial hat, ein neuer Standard bei dMMR Kolonkarzinomen zu werden.
Quellen:
1.Chalabi M et al. Nat Med 2020; 26: 566-576; DOI: 10.1038/s41591-020-0805-8
2.Chalabi M et al. ESMO 2022; Abstract LBA7
3.Cercek A et al. N Engl J Med 2022; 386: 2363-2376; DOI: 10.1056/NEJMoa2201445
ESMO Congress 2022
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