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Ältere Patienten mit Typ-1-Diabetes stellen besondere Anforderungen an die Therapie

Noch weitgehend selbstständig hatte eine fast 90-jährige Typ-1-Diabetikerin trotz ihres Alters und der Stoffwechselerkrankung im betreuten Wohnen gelebt. Doch dann häuften sich die Gesundheitsprobleme. Zuerst musste die alte Dame wegen einer dekompensierten Herzinsuffizienz ins Krankenhaus. Zwei Monate später wurde sie erneut stationär aufgenommen – dieses Mal wegen Hyponatriämie, Delir und Harnwegsinfekt.
Dabei fielen stark schwankende Blutzuckerwerte auf, wie Privatdozent Dr. Daniel Kopf vom Marienkrankenhaus Hamburg berichtete. Trotz eines HbA1c von 9,9 % waren Hypoglykämien häufig und möglicherweise auch der Grund für zwei Grand-mal-Anfälle. Hyperglykämien schien die Patientin dagegen gut zu tolerieren, weshalb sie mit einem hohen Blutzucker-Ziel entlassen wurde. Eine Fehleinschätzung, denn sie entwickelte prompt eine Ketoazidose.
Kardiovaskuläre Ziele
Junge Männer büßen 11 Jahre ein, junge Frauen 13 Jahre
Infolge der besseren Therapie hat sich die Lebenserwartung der Typ-1-Diabetiker deutlich verlängert. Sie ist jedoch im Vergleich zu Personen ohne diese Stoffwechselerkrankung immer noch verkürzt. Ein 20-jähriger Mann mit Typ 1 hat noch etwa 46 Jahre zu leben, also 11 Jahre weniger als ohne die metabolische Störung. Eine 20-jährige Frau hat im Mittel noch 48 Jahre vor sich und büßt 13 Jahre ein. Die häufigste Ursache für die geringere Lebenserwartung ist bei Patienten unter 50 Jahren die akute Stoffwechselentgleisung, v.a. die Ketoazidose, seltener die Hypoglykämie. Bei über 50-Jährigen dominiert die koronare Herzerkrankung. Die klassische Vorstellung, dass Typ-1-Diabetiker vor allem mikrovaskuläre Komplikationen entwickeln, gelte dank intensivierter Insulintherapie heute nicht mehr, so Dr. Kopf. Die Art der Stoffwechselentgleisung hängt vom Alter ab. Bei 65- bis 74-Jährigen sind hypo- und hyperglykämische Notfälle etwa gleich häufig, bei den 75- bis 84-Jährigen verlieren die Hyperglykämien an Bedeutung, während die Hypoglykämien massiv zunehmen. Bei über 85-Jährigen Typ-1-Diabetikern sind sie die Hauptursache für eine stationäre Aufnahme. Ein wichtiger Risikofaktor für häufige Unterzuckerungen bei älteren Typ-1-Diabetikern sind Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörungen. Auch stark schwankende Blutzuckerwerte fördern hypoglykämische Entgleisungen, Betablocker verschleiern die Symptome. Patienten mit kardialer autonomer Neuropathie entwickeln ebenfalls vermehrt Hypoglykämien. Als Folgen der Unterzuckerungen drohen kardiale Komplikationen, Krampfanfälle und Stürze. Zudem entwickeln viele Patienten eine ausgeprägte Hypoglykämie-Angst.Vorsicht, Neuropathie!
- Die kardiale autonome Neuropathie tritt vor allem bei Typ-1-Diabetes auf. Sie ist mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden.
- Die Gastroparese findet man häufig bei hochbetagten Typ-1-Diabetikern, oft zusammen mit einer kardialen Neuropathie.
- Gerade im hohen Alter muss man auch mit Komplikationen am Binde- und Stützgewebe rechnen, wie etwa der Frozen Shoulder.
Bei Hypo-Gefahr darf das HbA1C-Ziel über 7 % liegen
Außerdem fällt es ihnen nach 50 Jahren normnaher Einstellung häufig schwer zu akzeptieren, dass das Vermeiden von Hypoglykämien wichtiger ist als das von Hyperglykämien. Ein sensibler Umgang mit ihren kognitiven Defiziten erleichtert es den Patienten, Verantwortung abzugeben, erklärte Dr. Kopf. Als Zielwert für ältere Typ-1-Diabetiker empfiehlt er einen HbA1c-Wert von 7 %, bei Hypoglykämien gegebenenfalls auch höher.Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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