Moderne Diagnostik, innovative Technologien, neue Therapieansätze

Dr. Andrea Wülker

Als Mahlzeiteninsuline stehen heute die neuen ultraschnell verfügbaren Insuline Faster aspart und Ultra rapid lispro zur Verfügung, die sich auch für den Einsatz in Insulinpumpen eignen. Als Mahlzeiteninsuline stehen heute die neuen ultraschnell verfügbaren Insuline Faster aspart und Ultra rapid lispro zur Verfügung, die sich auch für den Einsatz in Insulinpumpen eignen. © tiero - stock.adobe.com

Patienten mit Typ-1-Diabetes konnten in den letzten Jahren von einer Reihe neuer Entwicklungen profitieren. Langzeitinsuline senken die Hypoglykämiegefahr. Mit CGM, Insulinpumpen und AID-Systemen lässt sich der Blutzucker besser kontrollieren und die Insulingaben steuern. Noch relativ jung ist die Immuntherapie mit CD3-Antikörpern.

Seit Einführung der häuslichen Blutzuckermessung vor 45 Jahren hat sich beim Monitoring einiges getan. Bei den meisten Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes kommt dafür heute das Continuous Glucose Monitoring, kurz CGM, zum Einsatz, schreiben ­Savitha ­Subramanian vom Dia­betes Institute der University of Washington, Seattle, und Kollegen. CGM-Geräte messen den Glukosegehalt in der interstitiellen Flüssigkeit und ziehen daraus Rückschlüsse auf den Blutzucker.

Die CGM-Systeme tragen zu einer Verbesserung der HbA1c-Werte und der „time in range“ bei. Darüber hinaus können Anwender dieser Geräte individuelle Grenzwerte definieren, bei deren Unter- oder Überschreiten ein Alarm ausgelöst wird. Familienmitglieder sind in der Lage, den Blutzucker des Typ-1-Patienten aus der Ferne zu überwachen und werden bei Bedarf alarmiert. Die retrospektive Auswertung der CGM-Berichte hilft außerdem den behandelnden Ärzten bei Therapieentscheidungen.

Langzeitinsuline haben eine Wirkdauer von bis zu 42 h

Auch bei den Insulinen gibt es gewaltige Fortschritte. Beispielsweise  wurden die ultralang wirksamen Basal­insuline namens Insulin degludec und Insulin glargin U-300 mit einer Wirkdauer von 42 bzw. 30 bis 34 Stunden entwickelt. Diese Insuline ermöglichen dem Patienten ein flaches, gleichbleibendes Blutzuckerprofil mit weniger Hypoglykämien im Vergleich zu Insulin glargin U-100. Als Mahlzeiteninsuline stehen heute die neuen ultraschnell verfügbaren Insuline Faster aspart und Ultra rapid lispro zur Verfügung, die sich auch für den Einsatz in Insulinpumpen eignen. Am schnellsten wirkt inhalatives Insulin, dessen Wirkung nach zwölf Minuten einsetzt und 90 bis 180 Minuten anhält.

Diagnostik bei Typ-1

Typischerweise manifestiert sich der Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen innerhalb von Tagen bis Wochen mit Polyurie, Polydipsie und Gewichtsverlust aufgrund der Glukosurie. Die Diagnose ist auf Basis der ausgeprägten Hyperglykämie (oft > 300 mg/dl), meist begleitet von einer Ketonurie und manchmal auch von einer Ketoazidose, oft leicht zu stellen. Im Rahmen der Diagnostik können aber auch verschiedene Autoantikörper bestimmt werden:

 

  • Insulin-Autoantikörper
  • Glutamatdecarboxylase-Autoantikörper
  • Inselzell-2-Autoantikörper
  • Zinktransporter-8-Autoantikörper

Diese Autoantikörper sind zudem häufig bereits Jahre vor Erkrankungsbeginn nachweisbar und werden bei Risikopatienten zur Früherkennung herangezogen.

Inselzelltransplantation ist immer noch experimentell

In den vergangenen Jahren haben sich CGM-Systeme und die Algorithmen zur Insulinabgabe in Insulinpumpen stark verbessert. Dies führte zur Entwicklung von AID-Systemen (automatische Insulin­dosierung), die man auch als Closed-Loop-System oder als künstliches Pankreas bezeichnet.

Closed-Loop-Systeme steigern Schlaf- und Lebensqualität

AID-Systeme bestehen aus einer Insulinpumpe, die kontinuierlich rasch wirksames Insulin abgibt, einem Sensor, der in kurzen Intervallen die Glukosewerte in der interstitiellen Flüssigkeit misst, und einem Kontroll­algorithmus, der die Insulinabgabe kontinuierlich anpasst. Diese Systeme verbessern die glykämische Kontrolle sowie die Schlaf- und die Lebensqualität der Patienten und sind zudem kosteneffizient, schreiben die Autoren.

Wenn Patienten mit Typ-1-Diabetes bestimmte klinische Kriterien erfüllen, ist die Pankreastransplantation eine Option. Eine erfolgreiche Übertragung kann eine normale Stoffwechselkontrolle wiederherstellen, sodass die Insulintherapie nicht mehr erforderlich ist. Allerdings stehen nur wenige Spenderorgane zur Verfügung. Daher werden Pankreastransplantationen nur selten durchgeführt. Die Inselzelltransplantation befindet sich noch in einem experimentellen Stadium und wird bisher lediglich in einigen spezialisierten europäischen, nordamerikanischen und australischen Zentren angeboten.

Neuer Antikörper verzögert Typ-1-Manifestation

Immuntherapien bei Typ-1-Diabetes zielen darauf ab, den Funktionsverlust der Betazellen zu verhindern oder hinauszuzögern. Teplizumab ist ein gegen den T-Zellmarker CD3* gerichteter humanisierter monoklonaler Antikörper. In einer Phase-2-Präventionsstudie verzögerte er bei Risikopersonen das Auftreten eines manifesten Typ-1-Diabetes um zwei Jahre. Derzeit läuft eine Phase-3-Studie, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Teplizumab bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes untersucht. Aktuell wird auch geprüft, ob sich das Fusionsprotein Abatacept zur Prävention des Typ-1-Diabetes eignet.

Pankreastransplantation aufgrund der wenigen Spenderorgane selten

Trotz der in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bleibt auf dem Gebiet des Typ-1-Diabetes noch sehr viel zu tun. Aktuell arbeitet die Forschung an krankheitsmodifizierenden Therapien, um Typ-1-Dia­betes zu verhindern oder hinauszuzögern. Eine wichtige Frage ist auch, ob SGLT2-Inhibitoren oder GLP1-Rezeptoragonisten eine Rolle in der Therapie des Typ-1-Diabetes spielen könnten.


*    Cluster of Differentiation 3: Transmembranprotein der T-Lymphozyten

Quelle: Subramanian S et al. BMJ 2024; 384: e075681; DOI: 10.1136/bmj‑2023‑075681

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Als Mahlzeiteninsuline stehen heute die neuen ultraschnell verfügbaren Insuline Faster aspart und Ultra rapid lispro zur Verfügung, die sich auch für den Einsatz in Insulinpumpen eignen. Als Mahlzeiteninsuline stehen heute die neuen ultraschnell verfügbaren Insuline Faster aspart und Ultra rapid lispro zur Verfügung, die sich auch für den Einsatz in Insulinpumpen eignen. © tiero - stock.adobe.com