Aktuelle Leitlinie favorisiert die parenterale Gabe von Fondaparinux

Dr. Judith Lorenz

Thrombophlebitis superficialis am Bein einer 82-jährigen Patientin. Thrombophlebitis superficialis am Bein einer 82-jährigen Patientin. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

In ihrer Häufigkeit und klinischen Ausdehnung wird die Thrombophlebitis vielfach unterschätzt. Dabei sollte man wachsam sein, denn sie geht mit einer Reihe von Risiken einher.

Mit einer jährlichen Inzidenz von 0,6 pro 1.000 Personen tritt die Thrombophlebitis superficialis bzw. oberflächliche Venenthrombose (OVT) ähnlich häufig auf wie die tiefe Venenthrombose, berichtet Professor Dr. ­Rupert ­Bauersachs von der Klinik für Gefäßmedizin/Angiologie am Klinikum Darmstadt. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer, ­75–90 % der Patienten leiden begleitend an varikös veränderten Venen. Ein Viertel der Betroffenen weist bei der Erstvorstellung eine simultane tiefe Venenthrombose auf und in 5 % der Fälle besteht begleitend eine symptomatische Lungenembolie­.

Jeden Verdacht sonographisch abklären!

Als Risikofaktoren für eine begleitende venöse Thromboembolie gelten das Vorwachsen der Thrombophlebitis superficialis in eine Perforansvene, eine kürzliche Hospitalisation oder Immobilisation, Autoimmun- und Malignom­erkrankungen, Alter über 75 Jahre, eine vorausgegangene venöse Thromboembolie sowie der Befall nicht-variköser Venen.

Da die Ausdehnung der OVT regelmäßig unterschätzt wird, muss jeder Verdacht sonographisch abgeklärt werden, warnt Prof. Bauersachs. Bei dieser Untersuchung sollten zusätzlich der Abstand zum tiefen Venensystem bestimmt und eine gleichzeitige tiefe Venenthrombose ausgeschlossen werden. Eine weitere Komplikation der OVT stellen im Verlauf auftretende Thromboembolien dar: In der POST-Studie erlitten 8 % der Patienten nach isolierter OVT trotz median 15-tägiger Antikoagulation nach drei Monaten symptomatische Thromboembolien. Risikofaktoren hierfür waren Alter über 62 Jahre, männliches Geschlecht, vorangegangene venöse Thromboembolien, Malignom­erkrankungen, eine OVT in einer nicht-varikösen Vene sowie eine kürzliche Reise. Ohne spezifische Therapie besteht das höchste Risiko für eine venöse Thromboembolie innerhalb der ersten drei Monaten nach der Diagnose der Thrombophlebitis superficialis. Anschließend fällt es wieder ab, wie aus einer landesweiten dänischen Kohortenstudie hervorgeht.

Im Hinblick auf die Therapie der OVT existieren nur wenige randomisierte klinische Studien, deren Ergebnisse jedoch leitlinienrelevant sind, so Prof. Bauersachs weiter. Die Ergebnisse der STENOX-Studie, bei der Enoxaparin, Tenoxicam bzw. Placebo zum Einsatz kamen, lassen insgesamt darauf schließen, dass eine Behandlungsdauer von zwölf Tagen zu kurz ist.

Risikoprofile und klinisches Bild sind sehr heterogen

Im Rahmen der CALISTO-Studie, einer großen kontrollierten Untersuchung, die jedoch Hochrisikopatienten ausschloss, erhielten die Betroffenen über ­45 Tage einmal täglich 2,5 mg Fondaparinux bzw. Placebo. Symptomatische Ereignisse (z.B. Lungenembolien, tiefe Beinvenenthrombosen oder OVT-Rezidive), die gemeinsam mit der Gesamtletalität den kombinierten Studienendpunkt bildeten, wurden durch die aktive Therapie von 5,9 auf 0,9 % signifikant reduziert, ohne dass dabei das Blutungsrisiko zunahm.

Eine aktuelle deutsche Registerstudie belegt, dass Risikoprofile, klinisches Bild sowie Behandlungsvorgehen bei OVT sehr heterogen sind, berichtet Prof. Bauersachs. Auch die Dosierung und Dauer der Antikoagulation variieren erheblich und folgen häufig nicht den evidenzbasierten Leitlinienempfehlungen. Laut aktuellen Leitlinien stellt Fondaparinux 2,5 mg/d über vier bis sechs Wochen die Therapie der Wahl dar. Auch eine intermediäre Dosis niedermolekularen Heparins kann erwogen werden. Bei Hochrisikopatienten scheint laut Studiendaten Rivaroxaban gegenüber Fondaparinux nicht unterlegen zu sein. Ob allerdings bei hohem Risiko eine 45-tägige Therapie ausreicht, ist noch zu klären.

Quelle: Bauersachs RM. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1237-1242; DOI: 10.1055/a-1286-2153

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