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Cartoon Medizin und Markt
Alte orale Antikoagulanzien auf dem Schirm behalten

Schon beim Zulassungsstatus der nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (NOAK) ist eines zu beachten: Während Vitamin-K-Antagonisten (VKA) historisch bedingt eine sehr breite Zulassung zur Prophylaxe und Therapie thrombotischer Ereignisse besitzen, gibt es für die neueren Gerinnungshemmer diesbezüglich Einschränkungen. Kontraindiziert sind sie auf jeden Fall bei mechanischem Klappenersatz – hier dürfen nur VKA zum Einsatz kommen, berichtete Privatdozent Dr. Christoph Sucker vom Gerinnungszentrum Berlin.
Die Zulassung bei Vorhofflimmern beschränkt sich bei den NOAK zudem auf nicht-valvuläres Vorhofflimmern (VHF). Außerdem wiesen die in die Zulassungsstudien eingeschlossenen Patienten mit VHF überwiegend ein niedriges bis mittleres Schlaganfallrisiko auf, erklärte der Experte.
Patienten mit sehr hohem Risiko unterrepräsentiert
Patienten mit einem sehr hohen Risiko – z.B. solche mit Ventrikelthromben – waren in den Untersuchungen eher unterrepräsentiert, sodass es hier wenig Erfahrungen gibt. Unklar ist der Stellenwert der modernen Gerinnungshemmer auch in Fällen von tiefer Beinvenenthrombose oder Lungenembolie bei Patienten mit schwerer Thrombophilie wie Antithrombinmangel oder Antiphospholipidsyndrom (APLS). Diese Patienten sollten bevorzugt VKA erhalten, sagte Dr. Sucker.
Hinsichtlich der Effektivität in der Reduktion des Auftretens thromboembolischer Ereignisse lassen sich die NOAK nach den Ergebnissen der Zulassungsstudien weitgehend mit VKA gleichsetzen. Das spiegelt sich aber nicht unbedingt in „Real-Life“-Daten wider. So ergaben unlängst publizierte Daten der AOK¹ zur oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmern ein anderes Bild. Nach der Analyse von mehr als 37 000 Patienten zeigten sich die NOAK den VKA in der Vermeidung thromboembolischer Ereignisse unterlegen – und ebenso, was die Rate an schweren Blutungen anging.
Unter Praxisbedingungen schneiden NOAK schlechter ab
Bezüglich der Anzahl hämorrhagischer Schlaganfälle waren die beiden Therapieregime ähnlich. Auch dieser ansonsten immer genannte Vorteil der NOAK bildete sich also hier nicht ab.
Eine Erklärung für die Diskrepanz könnte sein, dass die Einstellungsqualität der VKA in den Zulassungsstudien deutlich schlechter war als in Deutschland üblich, meinte Dr. Sucker. Insbesondere bei geeigneten VKA-Patienten, die ein INR-Selbstmanagement nach entsprechender Schulung durchführen, lasse sich eine wesentlich bessere Einstellung erreichen.
Als weitere mögliche Ursache für das schlechtere Abschneiden der NOAK unter Praxisbedingungen nannte der Referent mangelnde Therapietreue. Das bei VKA aufgrund der geringen therapeutischen Breite erforderliche enge Monitoring deckt Fehler bei der Tabletteneinnahme schnell auf. Anders bei den NOAK – hier bekommt der Arzt es in der Regel gar nicht mit, wenn der Patient es mit der Einnahme weniger genau nimmt. Das Auslassen einer einzigen Dosis kann aber aufgrund der kurzen Halbwertszeit der Substanzen zum Verlust des antithrombotischen Schutzes führen. Dr. Sucker empfahl daher, Patienten mit zu erwartenden Adhärenz-Problemen eher nicht auf NOAK einzustellen.
Quellen:
¹ Mueller S et al. Pragmat Obs Res 2018; 9: 1-10
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