Androgenrezeptor-Inhibitor punktet beim Prostatakarzinom

Dr. Katharina Arnheim

In der ARAMIS-Studie wurde die Wirkung eines neuen Androgenrezeptor-Inhibitors bei der Behandlung des Prostatakarzinoms erforscht. (Agenturfoto) In der ARAMIS-Studie wurde die Wirkung eines neuen Androgenrezeptor-Inhibitors bei der Behandlung des Prostatakarzinoms erforscht. (Agenturfoto) © Mark Kostich – stock.adobe.com

Mit Darolutamid steht seit Kurzem ein neuer Androgenrezeptor-Inhibitor für das nicht-metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom zur Verfügung. In der ARAMIS-Studie verlängerte er das metastasenfreie sowie Gesamtüberleben und verbesserte die Lebensqualität.

Das nicht-metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom ist durch einen steigenden PSA-Wert trotz laufender Androgendeprivation (ADT) charakterisiert. Unter der Therapie können Fatigue, Stürze, Frakturen und weitere Nebenwirkungen auftreten, gab Professor Dr. Tilmann­ Todenhöfer­ von der Studien­praxis Urologie in Nürtingen zu bedenken. Für die meist asymptomatischen Männer werden daher neue effektive Optionen benötigt, die eine Progression verzögern bei gleichzeitig minimalen Nebenwirkungen und erhaltener Lebensqualität.

Im Median 22 Monate länger ohne Metastasen leben

Mit Darolutamid steht seit März 2020 ein strukturell neuer Androgenrezeptor-Inhibitor (ARI) für die Therapie des nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zur Verfügung, den Forscher in der Phase-3-Studie ARAMIS prüften.1 Mehr als 1500 Patienten mit dieser Krebsentität und einer PSA-Verdopplungszeit (PSADT) von maximal zehn Monaten nahmen teil. Die Männer erhielten randomisiert im Verhältnis 2:1 zusätzlich zur Androgendeprivation Darolutamid oder als Kontrolle ein Placebo.

„Der primäre Endpunkt, das metastasenfreie Überleben, wurde nach einem Follow-up von median 17,9 Monaten klar erreicht“, berichtete Prof. Todenhöfer. Darolutamid reduzierte bei den Patienten das Risiko für Fernmetastasen oder Tod um 59 %. Männer im Verumarm lebten median 40,4 Monate metastasenfrei, die im Placeboarm dagegen nur 18,4 Monate (Hazard Ratio [HR] 0,41; p < 0,0001).

Als „erstaunlich“ wertete der Referent die Tatsache, dass sich die Inzidenz unerwünschter Ereignisse in beiden Gruppen kaum unterschied. Die Rate an Therapieabbrüchen war mit 8,9 % bzw. 8,7 % praktisch identisch. Auch die sich unter Androgendeprivation oft entwickelnde Fatigue trat mit 13,2 % nur leicht häufiger im Verumarm auf als in der Kontrolle mit 8,3 %, wobei die Behandlungsdauer unter Darolutamid länger war. Adjustiert auf die Zeit glichen sich die Werte wiederum, erklärte der Experte.

Höhere Lebensqualität

Wie Prof. Todenhöfer erklärte, sei das Therapieziel bei asymptomatischen Patienten, die Lebensqualität zu erhalten. Deshalb wurde in der ARAMIS-­Studie auch die Lebensqualität als sekundärer Endpunkt mit dem FACT-P PCS* erhoben. „Darolutamid hatte keinen negativen Einfluss auf die Lebensqualität“, berichtete der Referent­: Die mittleren Werte ähnelten sich in beiden Armen im Studienverlauf und blieben stabil. Die Zeit bis zu einem verschlechterten Score dauerte unter Daro­lutamid mit median 11,1 Monaten deutlich länger als in der Kontrolle mit nur 7,9 Monaten (HR 0,80; p = 0,0005). Laut dem EORTC**-Fragebogen QLQ-PR25 beeinflusste das Prüfmedikament mehrere Domänen wie gastrointestinale Symptome und Harnwegsbeschwerden positiv.

* Functional Assessment of Cancer Therapy-Prostate Prostate Cancer Subscale
** European Organisation for the Research and Treatment of Cancer

Todenhöfer T et al. Best-of DGU 2020; Abstract V17.6 

Trotz Cross-over-Option Mortalität um 31% gesenkt

Professor Dr. Martin Bögemann von der Klinik für Urologie und Kinderurologie des Uniklinikums Münster stellte die finale Analyse der ARAMIS-Studie mit Daten zum Gesamtüberleben vor.2 Auch hierbei erwies sich Darolutamid mit einem um 31 % reduzierten Sterberisiko als signifikant überlegen. Und dass, obwohl 170 Patienten aus der Placebogruppe nach einem Progress zu Darolutamid wechselten, wie der Kollege betonte. Nach drei Jahren lebten im Ve­rumarm noch 83 % der Männer, in der Kontrollgruppe lediglich 77 % (HR 0,69; p = 0,003). Der Median des Gesamtüberlebens ist in beiden Armen bislang nicht erreicht, so der Kollege. Folgetherapien wurden bei 56 % der Patienten im Placebo-, aber bei nur 15 % im Verumarm initiiert. Auch hinsichtlich der weiteren sekundären Endpunkte erwies sich Darolutamid als signifikant überlegen. Demnach verlängerte sich die Zeit bis zur Schmerzprogression von median 25,4 Monaten unter Sham-Therapie auf 40,3 Monate im Prüfarm (HR 0,65; p < 0,001). Die verlängerte Dauer bis zur ersten Chemotherapie (HR 0,58; p < 0,001) sowie bis zum ersten symptomatischen Skelett­ereignis (HR 0,48; p = 0,005) sprechen ebenfalls für das neue Anti­androgen. Zudem wurden Prof. Bögemann­ zufolge mit zunehmendem Folllow-up keine neuen Sicherheitssignale beobachtet.

PSA-Verdopplungszeit von bis zu sechs Monaten ungünstig

Der Kollege wies darauf hin, dass eine PSA-Verdopplungszeit von maximal zehn Monaten bei Patienten mit nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom auf ein hohes Risiko für Progress und Metastasierung deutet. Männer mit einer PSA-Verdopplungszeit von bis zu sechs Monaten seien am stärksten gefährdet. In einer Subgruppenanalyse wurde deshalb die Effektivität von Darolutamid für Patienten mit kurzer (maximal sechs Monate) bzw. längerer (mehr als sechs Monate) PSA-Verdopplungszeit ausgewertet.3 In beiden Subgruppen reduzierte Darolutamid die Wahrscheinlichkeit für Metastasen oder Tod vergleichbar stark und zwar um 59 % (PSADT maximal sechs Monate) bzw. 62 % (PSADT länger als sechs Monate). In der ersten Subgruppe betrug das metastasenfreie Überleben als primärer Endpunkt im Darolutamid­arm 34,3 Monate, unter Placebo 17,2 Monate (HR 0,41). In der zweiten Gruppe ist der Median bei den aktiv behandelten Patienten noch nicht erreicht; in der Kontrolle belief er sich auf 30,7 Monate (HR 0,38). Nebenwirkungsraten und substanzbedingte Therapiabbrüche traten in beiden Subgruppen unter Placebo und Verum ähnlich häufig auf. Damit verdeutlichen diese Ergebnisse, dass Patienten mit einer PSA-Verdopplungszeit zwischen sechs und zehn Monaten, d.h. mit einer „vermeintlich“ günstigeren Prognose, ebenfalls von Darolutamid profitieren, ohne dass ein erhöhtes Risiko für Toxizitäten zu befürchten ist, fasste Prof. Bögemann zusammen.

Quellen:
1. Fizazi K et al. N Engl J Med 2019; 380: 1235-1246; DOI: 10.1056/NEJMoa1815671
2. Bögemann M et al. Best-of DGU 2020; Abstract V26.4
3. Bögemann M et al. Best-of DGU 2020; Abstract V17.7

Kongressbericht: Best-of DGU 2020

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In der ARAMIS-Studie wurde die Wirkung eines neuen Androgenrezeptor-Inhibitors bei der Behandlung des Prostatakarzinoms erforscht. (Agenturfoto) In der ARAMIS-Studie wurde die Wirkung eines neuen Androgenrezeptor-Inhibitors bei der Behandlung des Prostatakarzinoms erforscht. (Agenturfoto) © Mark Kostich – stock.adobe.com