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Antiinflammatorische Substanzen beeinflussen die Psyche

Bis zu 60 % junger Menschen mit einer Depression oder einem subdiagnostischen depressiven Syndrom sprechen nur unzureichend auf eine Psychotherapie und/oder Serotoninwiederaufnahme-Hemmer (SSRI) an. Ein Grund hierfür könnte in der heterogenen Ätiologie der Depression in der Adoleszenz und den besonderen pathophysiologischen Mechanismen liegen. Ein therapeutischer Ansatzpunkt ist möglicherweise die Hemmung inflammatorischer Prozesse.
Im Tierversuch linderten Statine depressive Symptome
Beispielsweise ließen sich in Studien hohe Interleukin-6-Spiegel in Zusammenhang mit einer Depression bringen. Gleiches galt für das C-reaktive Protein. Im Tierversuch konnte man zudem depressive Symptome durch eine Antibiotikatherapie oder die Gabe eines (antiinflammatorisch wirksamen) Statins lindern.
Welche Hinweise es für einen Effekt antientzündlicher Wirkstoffe auf die Depression im Jugendalter gibt, prüften Dr. Jasper Vöckel vom Universitätsklinikum Köln und Kollegen in einer Metaanalyse von 19 Studien. Diese umfassten 1.366 Kinder und Jugendliche in einem durchschnittlichen Alter von 14,1 Jahren mit depressiven Symptomen. Die Teilnehmer litten an unterschiedlichen Erkrankungen, z.B. Depression, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Anorexia nervosa, psychotischen Störungen oder auch Pneumonie oder Übergewicht. Therapeutisch wurden überwiegend mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren) eingesetzt, außerdem Acetylsalicylsäure, Rosuvastatin, Doxycyclin, Azithromycin, Glukokortikoide oder der Extrakt der Goji-Beere. Den Effekt auf depressive Symptome erhob man sowohl subjektiv als auch objektiv.
In der Gesamtanalyse ergab sich ein signifikanter, allerdings kleiner positiver Effekt der verwendeten Substanzen auf die depressiven Symptome. Dieses Ergebnis änderte sich auch nicht, wenn verschiedene Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und Therapiedauer berücksichtigt wurden.
Die in 15 Studien geprüften Omega-3-Fettsäuren waren im Fokus einer Subanalyse. Auch für sie ließ sich ein günstiger Einfluss auf depressive Symptome zeigen. Als ein möglicher Wirkmechanismus wird postuliert, dass diese ungesättigten Fettsäuren zu einer Reduktion des proinflam-matorischen Markers Thromboxan B führen. Auch das Antidepressivum Fluoxetin beeinflusst die Inflammation bei Adoleszenten, merken die Autoren an. Sie vermuten, dass antiinflammatorische Substanzen über zwei Wege positiv wirken – über den direkten Einfluss auf depressive Symptome sowie indirekt durch die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Patienten.
Trotz der zahlreichen publizierten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Depression und Inflammation reichen die klinischen Daten bisher nicht für eine Therapieempfehlung aus, warnen die Autoren. Lohnend könne es sein zu prüfen, ob antiinflammatorische Wirkstoffe bei bestimmten Subgruppen von Patienten oder in Bezug auf einzelne Funktionsstörungen bei Depression besonders effektiv sind.
Quelle: Vöckel J et al. European Neuropsychopharmacol 2024; 78: 16-29; DOI: 10.1016/j.euroneuro.2023.09.006
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