Antikörper in Hülle und Fülle

Allergiekongress 2024 Maria Weiß

Bei Übergewicht ist eine geringere Remissionsrate zu beobachten Bei Übergewicht ist eine geringere Remissionsrate zu beobachten © Atlas - stock.adobe.com

Eine systemische Steroidtherapie muss beim schweren Asthma sehr gut begründet werden – Biologika stehen an erster Stelle. Welche der verschiedenen Sub­stanzen sollte man aber wann und bei wem einsetzen?

Bevor man ein „schweres“ Asthma diagnostiziert, sollten alle Hausaufgaben erledigt sein, betonte Prof. Dr. Marek Lommatzsch vom Zentrum für Innere Medizin der Universitätsmedizin Rostock. Dazu gehören die Überprüfung der Inhalationstechnik, das Ausschalten von Triggern, Schulung, Rehamaßnahmen und die Berücksichtigung von relevanten Komorbiditäten. Bleibt dann jemand trotz maximaler inhalativer Therapie weiterhin symptomatisch, kann man von einem schweren Asthma ausgehen. Neu ist in den Leitlinien von 2023, dass für die „maximale Therapie“ nicht mehr eine Höchstdosis ICS gefordert wird, sondern nur noch eine „hohe“ Dosis.

Dann direkt zu systemischen Steroiden zu greifen, sei der falsche Weg, warnte der Pneumologe. Entscheidet man sich doch für diese Therapie, muss man es inzwischen sehr gut begründen. Stattdessen sind Biologika heute eindeutig erste Wahl. Es stehen sechs verschiedene zur Verfügung – fünf davon als Pen. Unterschiede gibt es in Bezug auf Ansatzpunkt, Zulassungsstatus und Zulassung für Komorbiditäten (siehe Kasten).

Bei der Wahl der richtigen Substanz hilft die ABCD-Regel:

A für Anamnese: 

Entscheidende Bedeutung hat das Alter zu Beginn des Asthmas. Bei Beginn in der Kindheit und typischen allergischen Symptomen z. B. fahren die Betroffenen am besten mit Omalizumab. Bei Beginn im Erwachsenenalter und ausgeprägter Eosinophilie ist eher ein Interleukin (IL)-5-Antikörper geeignet („je älter, umso Anti-IL-5“).

B für Biomarker:

Bluteosinophilenzahl, fraktioniertes exhaliertes Stickstoff­monoxid, IgE-Spiegel

C für Co-Morbiditäten:

z. B. Urtikaria, chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen, allergische Rhinitis

D für Dosierungsintervall/Applikationsform:

Dieser Punkt könnte in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, wenn Substanzen wie Depemokimab mit zweimal jährlicher Applikation auf den Markt kommen.

Biologika zur Behandlung von schwerem Asthma

Anti-IgE (Omalizumab s.c.) 

Zulassung:

  • ≥ 6 Jahre
  • schweres allergisches Asthma
  • Sensibilisierung gegenüber ≥ 1 ganzjährigem Aeroallergen
  • Gesamt-IgE: 30–1.500 U/ml (körpergewichtsadaptiert)

Prädiktoren des Ansprechens:

  • Early-onset-Asthma
  • allergieassoziierte Symptome
  • Bluteosinophilie ≥ 260/µl oder FeNO ≥ 20 ppb

Zulassung für Komorbiditäten: Urtikaria, CRSwNP

Anti-IL-5 (Mepolizumab s.c., Reslizumab i.v., Benralizumab s.c.)

Zulassungen:

  • ≥ 6 Jahre/18 Jahre
  • schweres eosinophiles Asthma
  • Bluteosinophilenvermehrung (≥ 150/µl; ≥ 300/µl; ≥ 400/µl)

Prädiktoren des Ansprechens:

  • intrinsisches Asthma/Adult-onset-Asthma
  • Bluteosinophilie/Hypereosinophilie
  • sehr häufige Exazerbationen

Zulassung für Komorbiditäten (Mepolizumab): CRSwNP, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, hypereosinophiles Syndrom

Anti-IL-4/13 (Dupilumab s.c.)

Zulassung:

  • ≥ 6 Jahre
  • schweres Asthma
  • FeNO ≥ 25 ppb und/oder Bluteosinophilie (≥ 150/µl)

Prädiktoren des Ansprechens:

  • hohe FeNO-Werte
  • Bluteosinophilenvermehrung (≥ 150/µl und ≤ 1.500/µl)

Zulassung für Komorbiditäten: atopische Dermatitis, CRSwNP, eosinophile Ösophagitis, Prurigo nodularis

Anti-TSLP* (Tezepelumab s.c.)
Zulassung:

  • ≥ 12 Jahre
  • schweres Asthma

Prädiktoren des Ansprechens:

  • hohe FeNO-Werte
  • Bluteosinophilie

Zulassung für Komorbiditäten: derzeit keine

*Thymic Stromal Lymphopoietin

Bei guter Auswahl des Biologikums nach diesen Regeln erreicht man bei mehr als einem Drittel der früher nur sehr schwer zu behandelnden Patientinnen und Patienten eine Remission. Das heißt: keine Asthmasymptome und keine Exazerbationen bei stabiler Lungenfunktion. Solch einen Erfolg hat eigentlich kaum jemand erwartet, sagte Prof. Lommatzsch. Auch über 75-Jährige sprechen noch sehr gut auf die Biologikatherapie an. Eine geringere Remissionsrate beobachtet man bei Übergewicht, sodass in jedem Fall eine Gewichtsabnahme angestrebt werden sollte. 

Sämtliche bei Patientinnen und Patienten mit Asthma eingesetzten Biologika bewirken im Gegensatz zu den in der Rheumatologie verwendeten Substanzen keine Immunsuppression und damit keine erhöhte Infektanfälligkeit. Daher erscheint beispielsweise bei Komorbiditäten auch eine Kombination von Biologika möglich.

Quelle: 19. Deutscher Allergiekongress

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei Übergewicht ist eine geringere Remissionsrate zu beobachten Bei Übergewicht ist eine geringere Remissionsrate zu beobachten © Atlas - stock.adobe.com