Antikörpertests maßvoll einsetzen

Dr. Dorothea Ranft

Im Zusammenhang mit den von der STIKO propagierten Basis­impfungen wird eine Anti­körperkontrolle nach Immunisierung nicht empfohlen. Im Zusammenhang mit den von der STIKO propagierten Basis­impfungen wird eine Anti­körperkontrolle nach Immunisierung nicht empfohlen. © as artmedia – stock.adobe.com

So mancher Patient möchte ganz genau wissen, ob seine Impfung erfolgreich war. Eine Antikörperkontrolle könnte für Klarheit sorgen. Sie ist aber nur in wenigen Fällen sinnvoll. 

Im Zusammenhang mit den von der STIKO propagierten Basis­impfungen wird eine Anti­körperkontrolle nach Immunisierung nicht empfohlen. Und das hat verschiedene Gründe. Einer davon ist die aus Zulassungsstudien und langjähriger Anwendung bekannte hohe individuelle Protektionswahrscheinlichkeit. Sie beträgt z.B. > 99 % bei Tetanus. Außerdem zielt die Impfstrategie – außer bei Tetanus – primär auf den indirekten Schutz der Population. Ist der Einzelne nicht direkt geschützt, profitiert er von einem reduzierten Expositionsrisiko, erklärt Prof. Dr. ­Ulrich ­Heininger von der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen, Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit. 

Dazu kommt, dass viele Antikörperbestimmungen keine oder nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben. Denn nur wenn der für einen Schutz relevante Antikörperspiegel aus Studien bekannt ist, kann die Bestimmung in klar definierten Situationen sinnvoll sein. 

Von einer erfolgreichen Hepatitis-B-Impfung ist zum Beispiel auszugehen, wenn ein Anti-HBs-Antikörperspiegel ≥ 100 IE/l vorliegt. Dieser korreliert mit einem Langzeitschutz vor einer klinisch manifesten Hepatitis B. Die etwa bei beruflicher Indikation vorgesehene Anitkörperkontrolle sollte möglichst vier bis acht Wochen nach Abschluss der Grund­immunisierung erfolgen. Zum Schutz vor Tollwut sind regelmäßige Kontrollen angezeigt. Für gefährdetes Laborpersonal propagiert die STIKO nach der Grundimmunisierung alle sechs Monate eine Bestimmung der neutralisierenden Antikörper (Auffrischung bei Werten < 0,5 IE/ml). 

Bei nicht oder nur unvollständig dokumentierten Impfungen wird ein Nachholen ohne vorherigen Antikörpertest angeraten. Eine Ausnahme besteht im Hinblick auf  Totvakzinen, insbesondere tetanus­toxoidhaltige Kombinationen. Sie können bei hohen vorbestehenden Serum-Antikörperkonzentrationen heftige Lokalreaktionen auslösen. Deshalb wird eine prophylaktische Antikörperbestimmung angeraten, bei Werten ab 0,1 IU/ml besteht ein ausreichender Schutz. 

Nach erfolgter Impfung gegen COVID-19 empfiehlt die STIKO keine Antikörpermessung. Dies gilt auch für ältere Patienten und bei Vorerkrankungen. Dennoch ist nicht bekannt, ab welchem Ak-Wert ein sicherer Schutz besteht. Zudem spielt bei SARS-CoV-2 die zelluläre Abwehr eine wesentliche Rolle. Nur bei schwerer Immundefizienz ist eine quantitative Antikörperkontrolle ≥ 4 Wochen nach der zweiten Dosis und ≥ 4 Wochen nach der dritten Impfung indiziert.

Masernimpfung bei Kindern nicht infrage stellen

Häufig fordern Eltern einen Nachweis des Impferfolgs bei ihren Kindern. Dabei interessiert v.a. der „Maserntiter“. Denn für den Besuch in Gemeinschaftseinrichtungen ist der Nachweis einer Masernimmunität oder vollständigen Impfung (zwei Dosen MMR) erforderlich. Manche Eltern erhoffen sich von einem positiven Ergebnis, dass sie auf die Impfung oder zumindest die zweite Dosis verzichten können. Prof. Heininger lehnt dies ab, da die Spezifität der verfügbaren ELISA-Antikörper nicht 100 % beträgt und somit kein sicherer Masern­schutz garantiert werden kann. 

Besonders vorsichtige Eltern fordern eine Bestimmung der Masern-IgG-Antikörper nach der zweiten Impfung. Das ist aber nicht notwendig, da die Schutzwahrscheinlichkeit über 99 % liegt. Tests brächten mehr falsch-negative als richtig-negative Ergebnisse, so der Autor.

Quelle: Heininger U. Monatschr Kinderheilkunde 2023; 171: 58-62; DOI: 10.1007/s00112-022-01657-8

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