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Asthma-Patienten pfeifen auf die Leitlinien

Was verstehen Patienten unter einer guten Asthmatherapie und wie unterscheidet sich diese Vorstellung von Leitlinienempfehlungen? Dieser Frage ging eine Arbeitsgruppe um Dr. Heidrun Lingner vom Zentrum Öffentliche Gesundheitspflege an der der Medizinischen Hochschule Hannover nach. Die Erwartungen, Vorstellungen, Erfahrungen, Therapieziele und Prioritäten der Patienten ermittelten die Kollegen in fokussierten Gruppendiskussionen über die Krankheit. Die Diskussionen wurden audiovisuell mitgeschnitten und später mit einer Mapping-Technik und Analyse des Inhalts ausgewertet.
Angst vor Steroiden, zu wenig Zeit und Geld
An insgesamt fünf Diskussionen nahmen 13 Männer und 24 Frauen zwischen 20 und 77 Jahren teil. Für einige war die Asthma-Diagnose relativ neu, andere litten schon länger daran, manche seit ihrer Kindheit. In den Diskussionen sprachen die Patienten vor allem folgende Punkte an: Ängste oder Widerstände im Hinblick auf Therapiekomponenten, insbesondere Steroide. Diese Substanzen waren für sie am häufigsten Grund für eine eigenmächtige Änderung der Medikation, obwohl sie um deren Nutzen wussten.
Die Teilnehmer klagten auch über Zeit- oder Geldmangel, die einer optimalen Behandlung im Wege stünden. Sie hatten stark das Gefühl, an Therapieentscheidungen nicht ausreichend beteiligt zu sein und äußerten das Bedürfnis, mehr selbst in die Hand zu nehmen. Einige Patienten beschrieben auch Mängel in der Kommunikation mit ihren Betreuern und Schwierigkeiten, Empfehlungen in ihren Alltag integrieren zu können. Generell wünschten sich die Kranken mehr Zeit, um Probleme mit der Therapie und Auswirkungen auf den Alltag zu besprechen.
Fazit: Leitlinienadhärenz war bisher fast ausschließlich aus der Perspektive der Ärzte beleuchtet worden. Mit dieser Studie ließen sich eine Reihe von Barrieren aufdecken, die aus der Patientensicht einer konsequenten Umsetzung von Asthma-Leitlinien im Wege stehen. Die wichtigste Lehre, die Ärzte daraus ziehen sollten: Sie müssen ihre Asthmatiker stärker in therapeutische Entscheidungen einbinden, d.h. mögliche Optionen mit ihnen diskutieren und auf Einwände hören. Und last but not least: Bevor Leitlinien immer wieder aktualisiert werden, sollte man die Ansichten und Wünsche der Betroffenen schon im Planungsstadium stärker berücksichtigen.
Quelle: Lingner H et al. BMC Pulmonary Medicine 2017; 17: 1-12
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