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Auch Immuntherapeutika überschreiten die Grenze zur Magen-Darm-Schädigung

Die Inzidenz arzneimittelinduzierter Läsionen am Gastrointestinaltrakt und der Leber liegt bei etwa 20–50/100 000 Fällen. Davon müssen 5–10 % stationär behandelt werden, berichtete Professor Dr. Christian Strassburg von der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Bonn. Entscheidend sind aber nicht nur das pharmakologische Schädigungsprofil und die Dosis, sondern auch Komedikation, Begleiterkrankungen, genetische Disposition und Umwelteinflüsse. Bekannte, aber weiterhin wohl unterschätzte Auslöser sind die NSAR: „Viele von ihnen verursachte Läsionen bleiben klinisch unbemerkt, vor allem am unteren Gastrointestinaltrakt“, mahnte Prof. Strassburg. Daher riet er bei längerem Einsatz zu regelmäßigen Hb-Kontrollen.
Gerade bei älteren Patienten darf man auch nie vergessen, dass ein Großteil von Haus aus ASS einnimmt. „Auf diesen Teppich setzen wir mit jedem NSAR noch einen drauf“, so der Experte. Bei einem Senior mit Z.n. Apoplex und Stentung wegen KHK, der zwei Plättchenhemmer nimmt, erhöht die Beigabe eines COX-Inhibitors z.B. das Ulkusrisiko um das Zehnfache. Eine effiziente Säuresuppression ist daher obligat.
Chemotherapeutika wie Cytarabin, Methotrexat oder Doxorubicin sorgen dafür, dass die DNA-Synthese von Dünndarmzellen sistiert. Die möglichen Folgen: Übelkeit und Erbrechen (bei 70–80 % der Patienten), Diarrhö und eventuell Anorexie. Meist setzen diese von den Krebskranken am meisten gefürchteten – und von Therapeuten eher unterschätzten – Nebenwirkungen innerhalb von 24 Stunden ein.
Bei einigen Substanzen, z.B. Hochdosis-Platin oder Anthrazyklinen, können sie aber auch noch später auftreten. Problematisch gestaltet sich das Management einer „Durchbruchübelkeit“ unter der antiemetischen Standardmedikation, ebenso die refraktäre Nausea, bei der Standard- und Reservemedikation nicht wirken.
Generell leiden ältere Patienten, Männer, körperlich Fitte und Hochtherapiemotivierte weniger unter diesen Nebenwirkungen. Eine gute prophylaktische Antiemese und der – wohl eher unrealistische – Genuss von mehr als 100 g Alkohol/Tag senken die Gefahr ebenfalls. Angst vor der Übelkeit, Essen vor der Chemo, wenig Schlaf sowie bekannte Seekrankheit und durchgemachte Hyperemesis gravidarum dagegen steigern das Risiko. Man sollte aber in jedem Fall frühzeitig (vor Beginn der Chemo!) schon gegensteuern, so der Rat des Referenten.
Diarrhöen unter Onkologika sprechen in der Regel gut auf Loperamid an. Blutige Durchfälle bedürfen der weiteren Abklärung. Neu im Spiel: moderne Immuntherapeutika wie Checkpoint-Inhibitoren.
Autoimmunkolitis heilt mit Steroiden meist vollständig
Diese Antikörper kommen derzeit vor allem bei Melanomen, aber auch bei kleinzelligen Bronchial-, klarzelligen Nieren oder hepatozellulären Karzinomen zum Einsatz. Ihre Nebenwirkungen entfalten sie völlig dosisunabhängig. Sie können eine Autoimmunkolitis auslösen, die aber unter Steroiden vollständig abheilt. Doch die Substanzen greifen nicht nur den Gastrointestinaltrakt an. Besonderes Augenmerk sollte der Hypophyse gelten. Mehrere Wochen nach Behandlungsbeginn kann sie sich entzünden und es droht ein irreversibler Totalausfall der Drüse, warnte Prof. Strassburg.
Quelle: 124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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