Pulmorenales Syndrom: ANCA-Vaskulitis ist häufigster Verursacher

Manuela Arand

In der Akuttherapie des pulmorenalen Syndroms bietet sich die Plasmapherese an. In der Akuttherapie des pulmorenalen Syndroms bietet sich die Plasmapherese an. © iStock/P_Wei

Dass ein Nierenschaden als erstes Symptom einer Immunerkrankung auffällt, die dann auch die Lunge schädigt, kommt selten vor. Trotzdem ist es wichtig, daran zu denken, denn eine frühe aggressive Therapie rettet Nierenfunktion und Leben.

Die häufigsten Autoimmunerkrankungen, die Lunge und Niere schädigen, sind die ANCA-assoziierten Vaskulitiden, die etwa 50 % der Fälle ausmachen, das Goodpasture-Syndrom und der systemische Lupus erythematodes (SLE). Aus pneumologischer Sicht imponieren diese pulmorenalen Syndrome als diffuse alveoläre Hämorrhagien. Sie gehen mit einer enorm hohen Mortalität einher, sowohl akut als auch im Langzeitverlauf, warnte Professor Dr. Lorenz Sellin von der Klinik für Nephrologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.

So stirbt jeder zweite SLE-Patient, der eine alveoläre Hämorrhagie entwickelt, bereits in der Frühphase. Die nächsten fünf Jahre überlebt nur jeder Fünfte. Ähnlich verheerend sehen die Zahlen beim Goodpasture-Syndrom aus, bei den ANCA-Vaskulitiden ist es etwas besser, aber immer noch schlecht. „Beide Fachdisziplinen, wir als Nephrologen und Sie als Pneumologen, müssen diese Zusammenhänge im Auge behalten, denn die Patienten haben eine unglückliche Perspektive, allen heutigen Möglichkeiten zum Trotz“, betonte der Referent. An einem Fallbeispiel demonstrierte er, welchen Verlauf ein solches Syndrom nehmen kann.

48 Jahre, Fieber, Gewichtsverlust

Der 48-jährige Mann fühlte sich schlapp, er hatte an Gewicht verloren und klagte über Muskel- und Gelenkschmerzen. Seit vier Wochen fieberte er am Abend. Der Hausarzt diagnostizierte bei ihm eine milde Hepatitis, wies ihn aber sicherheitshalber ins Krankenhaus ein. Im Labor fielen eine An­ämie auf, im Blutbild eine Lymphopenie und eine Linksverschiebung. Die Ursache der Anämie blieb zunächst unklar, eine Autoimmunhämolyse konnte ausgeschlossen werden. Die Transaminasen waren hoch, ebenso der Entzündungsmarker CRP.

Das Serumkreatinin war auf 1,8 mg/dl gestiegen. „Wenn das Kreatinin hoch geht, hat der Patient schon die Hälfte der Filtrationsfläche verloren“, erinnerte Prof. Sellin. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) des Mannes betrug gerade noch 40 ml/min. Der Urinbefund als „EKG des Nephrologen“ zeigte eine ausgeprägte Erythro- und Leukozyturie sowie hochpathologische Eiweißwerte: Protein knapp 750 mg/g Kreatinin, Albumin als Marker der glomerulären Permeabilitätsstörung über 450 mg/g Kreatinin. Die Biopsie ergab Herde einer nekrotisierenden Glomerulonephritis ohne wesentliche Zeichen einer Immunaktivität – ein Bild, das sich am ehesten mit einer ANCA-Vaskulitis vereinbaren ließ, erklärte der Kollege.

Remission mit hohen Dosen Cyclophosphamid induzieren

Trotz hoch dosierter Kortisongabe stieg das Kreatinin weiter an. In Kenntnis der Histologie, die einen Befall praktisch aller Nephrone gezeigt hatte, intensivierten die Düsseldorfer Kollegen die Immunsuppression. „Standard of care ist Cyclophosphamid, gegebenenfalls kombiniert mit Rituximab“, berichtete Prof. Sellin. Wenn eine schnelle Remissionsinduktion wünschenswert sei, solle man aber besser auf Cyclophosphamid in hohen Dosen setzen. Das gehe schneller als mit niedrigeren Dosen plus Rituximab.

Bei pulmorenalen Syndromen stellt die Plasmapherese eine weitere essenzielle Option in der Akuttherapie dar. Sie entfernt rasch und gezielt die Autoantikörper, die sich zugleich gegen Antigene der kleinen Gefäße, alveoläre und glomeruläre Strukturen richten. Sie verbessert die Chance für den Erhalt der Nierenfunktion, die vor allem bei der Goodpasture-Erkrankung ausgesprochen schlecht ist. Die Hälfte der Patienten landet binnen eines Jahres im terminalen Nierenversagen, wenn sie nur Methylprednisolon erhalten und keine Plasmapherese. Immunsuppressiva verhindern mittelfristig, dass Antikörper nachproduziert werden. Um die Remission zu erhalten, werden später antiproliferative Substanzen wie Azathioprin oder Mycophenolatmofetil eingesetzt.

Jedes Rezidiv kostet Nierenfunktion

Auf die Niere muss bei diesen Patienten besonders geachtet werden, denn das regenerative Potenzial dieses Organs ist gering und jedes Rezidiv kostet unwiederbringlich Nierenfunktion, erklärte Prof. Sellin. Außerdem gibt es Patienten, bei denen sich der Nierenfunktionsverlust verselbstständigt. Das verläuft dann nicht so schnell wie im Schub, kann aber bei schlechter Ausgangssituation rasch problematisch werden.

Der genannte Patient entwickelte trotz Therapieeskalation schwere Hämoptysen, die letztlich sogar Transfusionen erforderten, und eine respiratorische Insuffizienz. Er wurde mehrfach mit Plasmaseparation behandelt, um wirklich 95 % der zirkulierenden Antikörper abzufischen. Darunter verbesserte sich die Nierenfunktion, die diffuse alveoläre Hämorrhagie löste sich radiologisch komplett auf.

Quelle: 59. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.

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In der Akuttherapie des pulmorenalen Syndroms bietet sich die Plasmapherese an. In der Akuttherapie des pulmorenalen Syndroms bietet sich die Plasmapherese an. © iStock/P_Wei