Befreiungsmanöver 2.0 beim Lagerungsschwindel

Friederike Klein

Beim Sémont-plus den Kopf über die Kante der Liege hinaus senken. Beim Sémont-plus den Kopf über die Kante der Liege hinaus senken. © MT-Archiv

Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel lässt sich gut behandeln. Die Otokonien müssen nur wieder dahin, wo sie hingehören. Adaptationen des Befreiungsmanövers nach Sémont verbessern die Therapieergebnisse.

Wissen Kollegen nicht, welche Seite bei ihrem Patienten Auslöser des benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindels (BPPV) ist, sollten sie mit dem diagnostischen Lagerungsmanöver – es entspricht Schritt 1 und 2 des Befreiungsmanövers nach Sémont – für den rechten posterioren Bogengang beginnen. Denn eine Störung auf der rechten Seite tritt 1,5-mal häufiger auf als auf der linken, vielleicht weil mehr Menschen auf der rechten Seite schlafen, mutmaßte Professor Dr. Michael Strupp vom Deutschen Schwindel- und Gleichgewichtszentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Dreimal morgens, dreimal mittags, dreimal abends

Es zeigt sich ein vertikal zur Stirn schlagender Nystagmus mit einer rotierenden Komponente zum betroffenen Labyrinth. Das eigentliche Befreiungsmanöver nach Sémont erfolgt dann in vier Schritten:

1. Schritt: Der Betroffene wendet seinen Kopf um 45 Grad zur entgegengesetzten Seite – beim Auslöser auf der rechten Seite also nach links – und bringt sein Kinn leicht in Richtung Schulter. Diese Kopfposition muss er während des gesamten Manövers unbedingt beibehalten.

2. Schritt: Dann führt man seinen Oberkörper von der sitzenden in die rechte seitliegende Position für eine Minute.

3. Schritt: Anschließend wird der Patient mit einer 180-Grad-Bewegung in die linke seitliegende Position gebracht, in der er ebenfalls eine Minute verbleibt.

4. Schritt: Aufsetzen für eine Minute.

Dieses Manöver sollte dreimal morgens, dreimal mittags und dreimal abends erfolgen, bis sich kein Drehschwindel oder Nystagmus mehr auslösen lässt.

Bislang galt, dass der Positionswechsel zur Gegenseite möglichst schnell erfolgen muss. Prof. Strupp relativierte dies jedoch aufgrund von Untersuchungen, die er zusammen mit einer Schweizer Arbeitsgruppe an einem semizirkulären Kanalmodell, das die Bewegung von Otokonien verschiedener Größe in den Bogengängen simulierte, durchführte. „Es genügt eine mittlere Geschwindigkeit, 90 bis 180 Winkelgrad pro Sekunde reichen aus.“

Außerdem: Im zweiten Schritt sollte der Kopf des Patienten so weit wie möglich unterhalb der Horizontalen geführt und diese tiefe Kopfposition eine Minute lang gehalten werden, empfahl der Neurologe. Nach seiner Erfahrung verbessert die „Kopf-tief-Position“ das Ergebnis deutlich. „Sie werden verblüfft sein“, kommentierte er. Derzeit wird dieses sog. Sémont-plus-Manöver in einer randomisierten Studie untersucht.

Schwankschwindel ist ein gutes Zeichen

„Lassen Sie keinen Patienten aus der Praxis gehen, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass er das Manöver sicher beherrscht“, betonte Prof. Strupp. Bei korrektem Sémont sei mit einer 98%igen Heilungsrate zu rechnen, wenn auch Rezidive nach wie vor häufig auftreten. Weiterhin riet der Experte, Betroffene vorab darüber aufzuklären, dass in den ein bis zwei Wochen nach Therapiebeginn ein Schwankschwindel im Sinne eines Otolithenschwindels auftreten kann. Dieser sei ein gutes Zeichen und zwar dafür, dass die Steinchen dahin fallen, wo sie hingehören.

Quelle: Münchner Schwindelseminar VERTIGO 21

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Beim Sémont-plus den Kopf über die Kante der Liege hinaus senken. Beim Sémont-plus den Kopf über die Kante der Liege hinaus senken. © MT-Archiv
1. Schritt 1. Schritt © MT-Archiv
2. Schritt 2. Schritt © MT-Archiv
3. Schritt 3. Schritt © MT-Archiv