Bei Älteren mit neuen Symptomen zuerst an Nebenwirkungen denken!

Die Polypharmazie älterer Patienten ist ein alt bekanntes Phänomen und man hat die potenziellen Risiken im Auge. Dennoch passiert es immer wieder, dass ein neuer Befund nicht als Nebenwirkung, sondern als Zeichen einer weiteren Krankheit gedeutet und – überflüssigerweise – behandelt wird. Dr. Juan Tamargo vom Department of Pharmacology and Toxicology, School of Medicine, Universidad Complutense, Madrid, nannte dafür einige Beispiele.

• Ihr Senior nimmt wegen einer Arthritis NSAR. Plötzlich steigt sein Blutdruck und Sie greifen zum Kalziumkanalblocker. Jetzt klagt er über geschwollene Gelenke und bekommt daraufhin ein Diu­retikum. Wenn es dumm läuft, rutscht er in eine Hyperurik­ämie oder Hyperglykämie. Die Folge: Allopurinol und ein orales Antidiabetikum usw.
• Ein anderer entwickelt unter Amlodipin Beinödeme. Das angesetzte Diuretikum steigert wie gewünscht die Ausscheidung, der Patient exsikkiert aber, stürzt vermehrt und seine Elektrolyte geraten aus dem Lot.
• Wegen unklarer Schmerzen haben Sie einer älteren Dame NSAR verordnet, nun plagt sie über Sodbrennen. Kein Problem, da hilft ein PPI. Das schwächt aber die Muskeln, die Frau stürzt und bricht sich die Knochen.
• Extrapyramidale Symptome unter Antipsychotika oder Metoclopramid behandeln Sie mit Anti-Parkinson-Medikamenten. Die Gefahr reicht dann von der orthostatischen Hypotension bis hin zum Delir.
• Und wenn der Cholinesterasehemmer bei Demenz Diarrhö und Urininkontinenz verursacht? Dann gibt es vielleicht ein Anticholinergikum. Mögliche Folge: Obstipation, Harnretention, Verwirrung, Delir.

Aus all diesen Beispielen leitete Dr. Tamargo die einfache Botschaft ab: Nicht jedes neue Symptom ist zwangsläufig eine Folge des Alters, sondern kann genauso gut eine Nebenwirkung sein, was Sie zuerst prüfen sollten.

Quelle: ESC* Congress 2019

* European Society of Cardiology