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Bei jungen Diabetikerinnen nach Essstörungen fahnden

Essstörungen beginnen bei jungen Diabetikern meist schleichend mit dem Vermeiden kalorien- und kohlenhydratreicher Nahrungsmittel, schreiben Dr. Christina-Maria Geisbüsch und ihre Kollegin von der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters im Universitätsklinikum Aachen. Später werden ganze Mahlzeiten weggelassen. Dies kann Heißhunger und Essattacken auslösen. Erbrechen soll dann wiederum das Gewicht im Zaum halten. Genügt dies nicht, missbrauchen viele Patientinnen Laxanzien, Diuretika oder Schilddrüsenhormone.
Welche Essstörung? |
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Eine große Rolle im Kampf gegen das „Übergewicht“ spielt auch die Reduktion der Hormon-Dosis (Insulin-Purging). Bei Typ-2-Diabetes dient der Verzicht auf orale Antidiabetika ggf. dem gleichen Zweck.
Psychische Symptome als Warnsignale
Möglicherweise begünstigt der Diabetes selbst die Manifestation von Essstörungen. Schließlich möchten die jungen Patienten dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Doch im Rahmen der Insulintherapie kann es zur Gewichtszunahme kommen, die quasi zu Gegenmaßnahmen verleitet. Insgesamt scheinen essgestörte Diabetiker einen höheren BMI aufzuweisen, so die Kolleginen.
In der Akutsituation wecken psychische Symptome wie depressive Stimmungslage, Reizbarkeit und sozialer Rückzug den Verdacht auf eine Essstörung. Wichtige Warnsignale, betonen die Autorinnen, denn aufgrund der labilen Stoffwechsellage drohen lebensgefährliche Komplikationen – von der schweren Hypoglykämie bis zur Ketoazidose.
Sieben hilfreiche Fragen |
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Die Betroffenen selbst zeigen vor allem zu Beginn kaum Krankheitseinsicht und verschweigen ihre Symptome aus Schamgefühl, sodass das Leiden oft lange Zeit unerkannt bleibt. Umso wichtiger ist es, schon bei indirekten Anzeichen für Essstörungen – wie Gewichtsabnahmen, unerklärlichen HbA1c-Anstiegen oder rezidivierenden Hypoglykämien – Verdacht zu schöpfen.
Mit sieben einfachen Fragen (s. Kasten) – vom Wunschgewicht bis zur Insulintherapie –können Sie sich einen Überblick verschaffen. Die Konfrontation mit Symptomen und auffälligem Essverhalten schadet der Patientin nicht, im Gegenteil, die ermöglicht oft erst eine Auseinandersetzung mit der Erkrankung. Therapeutisch empfehlen die Kolleginnen einen multimodalen Ansatz ähnlich dem Vorgehen bei reinen Essstörungen – ohne begleitenden Diabetes.
Verdoppeltes Risiko für Retinopathie bei Bulimie
Er sollte in enger Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendpsychiatern erfolgen, in schweren Fällen auch stationär. Reine Psychoedukation hat dagegen keinen signifikanten Einfluss auf Stoffwechseleinstellung und Insulin-Manipulationen.
Ohne adäquate Behandlung der Essstörung ist die Langzeitprognose nicht gut. Komorbide Typ-1-Diabetikerinnen entwickeln aufgrund ihrer schlechten Stoffwechseleinstellung vermehrt Ketoazidosen und andere schwere somatische Komplikationen. Das Risiko für eine diabetische Retinopathie verdoppelt sich bei begleitender Bulimie. Die Anorexie tritt bei Typ-1-Diabetikerinnen zwar eher seltener auf als die Bulimie, geht aber häufig mit gravierenden Komplikationen einher, insbesondere einer deutlich erhöhten Mortalität.
Quelle: Christina-Maria Geisbüsch et al., Monatsschr Kinderheilkd 2015; 163: 696-700
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