Bei Karotisplaques hängt der Nutzen von individuellen Risikofaktoren ab

Alexandra Simbrich

Wird bei einer Person eine Karotisplaque entdeckt, sollten vor der Statingabe erst weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren erhoben werden. Wird bei einer Person eine Karotisplaque entdeckt, sollten vor der Statingabe erst weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren erhoben werden. © nucia – stock.adobe.com

Wird bei einer Patientin oder einem Patienten eine Karotisplaque entdeckt, gehört sie oder er automatisch zu einer Hochrisikogruppe. Oft erfolgt direkt eine medikamentöse LDL-C-Senkung mittels Statin. Ein Forscherteam stellt den Sinn dieses Automatismus infrage.

Geht es nach der Leitlinie der European Society of Cardiology, gehören Personen mit asymptomatischen Karotisplaques in die gleiche Hochrisikokategorie wie diejenigen mit klinisch manifesten kardiovaskulären Erkrankungen, etwa nach einem Myokardinfarkt. Entsprechend wird auch für sie eine LDL-C-Senkung um mindestens 50 % bzw. unter 70 mg/dl empfohlen.

Bei hohem kardiovaskulärem Risiko nach SMART*-Score und relevanten Komorbiditäten sollte der Wert sogar unter 55 mg/dl liegen. Doch nicht jede Karotisplaque, die sich als erhöhte Intima-Media-Dicke darstellt, führt zu einer Stenose des Gefäßes und erfordert den Einsatz eines Statins in der Primärprophylaxe, schreibt ein Team um die Allgemeinmedizinerin Dr. Natascha Einhart aus Berlin. Die Forschenden gingen der Frage nach, ob die Bezeichnung der Betroffenen als Hochrisikopatienten mit Blick auf die bestehende Literatur gerechtfertigt ist.

Empfehlung basiert auf heterogener Studienlage

Anhand eines Cochrane-Reviews zum Einsatz von Statinen bei Karotisplaques identifizierten sie sechs relevante randomisierte kontrollierte Studien. In den Studien ging es entweder um hoch dosierte Statine (40 mg bzw. 20 mg Rosuvastatin), die über zwei Jahre eingenommen wurden, oder niedrig bis moderat dosierte Statine (40 mg Fluvastatin, 10–40 mg Lovastatin, 40 mg Pravastatin) mit einer Therapiedauer über drei bis vier Jahre. Die Einschlusskriterien hinsichtlich Karotisplaques waren uneinheitlich, nur eine Studie hatte die gängige Definition einer Intima-Media-Dicke von ≥ 1,5 mm berücksichtigt. Der kombinierte Endpunkt „kardiovaskuläre Ereignisse“ war unterschiedlich definiert. Keine der Studien war initial dafür konzipiert worden, diesen zu untersuchen.

Insgesamt kam es unter Verum zu 48 und unter einem Scheinmedikament zu 54 kardiovaskulären Ereignissen, was einer Ereignisrate von 2,3 % bzw. 3,2 % entsprach. Im Rahmen einer Metaanalyse berechnete das Autorenteam eine Odds Ratio von 0,84, die aufgrund der wenigen Ereignisse weitgehend dem relativen Risiko entsprach. Demnach lag die relative Risikoreduktion für Statine gegenüber Placebo hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse bei 16 % und damit niedriger als in anderen Studien zur Primärprävention. Allerdings war das Herz-Kreislauf-Risiko der Teilnehmenden offenbar geringer als in anderen Kollektiven und deutlich geringer als das von Menschen mit bekannter KHK.

Der Nutzen einer Statintherapie für Patientinnen und Patienten mit Karotisplaques ist daher als gering zu bewerten, meint das Autorenteam. Es plädiert für eine individuelle Risikoeinschätzung, etwa mit Hilfe geeigneter Risikorechnern wie arriba** oder SCORE2***. Zusätzlich relevant bleibe der Blick auf klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren der Betroffenen wie Alter, Rauchstatus und Lipidwerte. Ergeben diese ein hohes kardiovaskuläres Risiko, könne sich der Einsatz von moderat dosierten Statinen durchaus lohnen.

*Secondary Manifestations of Arterial Disease
**absolute und relative Risikoreduktion: individuelle Beratung in der Allgemeinpraxis
***Systematic Coronary Risk Estimation 2

Quelle: Einhart N et al. AVP 2024

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Wird bei einer Person eine Karotisplaque entdeckt, sollten vor der Statingabe erst weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren erhoben werden. Wird bei einer Person eine Karotisplaque entdeckt, sollten vor der Statingabe erst weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren erhoben werden. © nucia – stock.adobe.com