Bei Plantarfaszien-Reizung das gesamte Bein regelmäßig dehnen

Dr. Anja Braunwarth

Fällt die Dorsal­extension beim Silfverskjöld-Test (links) im gestreckten Zustand geringer aus als im gebeugten, ist der M. gastrocnemius sehr wahrscheinlich verkürzt. Auch ein Fersensporn ist nicht die Seltenheit (rechts). Fällt die Dorsal­extension beim Silfverskjöld-Test (links) im gestreckten Zustand geringer aus als im gebeugten, ist der M. gastrocnemius sehr wahrscheinlich verkürzt. Auch ein Fersensporn ist nicht die Seltenheit (rechts). © Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Eine Plantarfasziitis ist der häufigste Auslöser von Fersenschmerzen. Die Beschwerden lassen sich meist konservativ lindern. Dafür muss aber der Patient mitmachen – und zwar langfristig.

Etwa 10 % der Menschen leiden hierzulande an einer Plantarfasziitis, davon fast jeder Dritte auf beiden Seiten. Meist erkranken Personen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren, schreibt Dr. Andreas Först von der Chirurgisch-Orthopädischen Praxis Hirschaid. In der Ätiologie spielt biomechanischer Stress die Hauptrolle, oft gepaart mit Gewichtsbelastungen und degenerativen Veränderungen.

Chronische Überlastung und wiederholte Mikrotraumata lösen dann die Entzündung aus. Zu den begünstigenden Faktoren zählen:

  • Adipositas (BMI > 30 kg/m2)
  • Fußdeformitäten
  • Verkürzung von Achillessehne, Waden- und ischiokruraler Muskulatur
  • Alter > 40 Jahre
  • stehender Beruf
  • intensiver Laufsport

Gleichzeitig entsteht bei der Hälfte der Patienten durch narbige Reparaturen ein Fersensporn. Dieser kann, muss aber nicht unbedingt Beschwerden verursachen.

Es gibt eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen (s. Kasten rechts). Akute Schmerzen können auf eine Partialruptur oder eine Fraktur hindeuten, beidseitige auf eine rheumatische bzw. Autoimmunerkrankung sowie eine reaktive Arthritis. Das führende Symptom ist der plantare Schmerz an der Ferse. Er beginnt schleichend, z.B. als morgendlicher Anlaufschmerz oder nach längerem Ruhen, und bessert sich durch Bewegung. Steigende Belastungen oder Sport aber verschlimmern ihn.

Differenzialdiagnosen der Plantarfasziitis

  • Tarsaltunnelsyndrom
  • Fettpolsteratrophie
  • Kalkaneuszysten
  • Stressfrakturen des Fersenbeins
  • M. Ledderhose
  • vertebragene/radikuläre Ursachen
  • Tumoren
  • Plantarvenenthrombose
  • Apophysitis calcanei bei Kindern (M. Sever)
  • Entrapment-Syndrome des N. plantaris medialis (Jogger‘s foot) und N. plantaris lateralis (Baxter‘s nerve)

Einlagen zur Entlastung

Die Diagnose gelingt in der Regel klinisch. Als typisch nennt Dr. Först den lokalen Druckschmerz plantar etwas medial des Kalkaneus, meist schmerzt auch die ganze verhärtete Faszie. Die Patienten haben Probleme mit der Dorsalextension im Sprunggelenk, die Muskeln der gesamten Rückseite bis zum Becken und der Waden sind oft verkürzt. Das lässt sich z.B. mit dem Silfverskjöld-Test bestätigen (s. Abb. 1). Was bildgebende Verfahren angeht, gehören Röntgenaufnahmen unter Belastung und eine Sonographie zum Standard. Therapiert wird in erster Linie konservativ, doch bis zum Erfolg dauert es recht lange. Um die Sehne zu entlasten, brauchen die Patienten gut angepasste Einlagen und die richtigen Schuhe. Richtig heißt, kein zu weiches Bett und keine zu starke Fersendämpfung.

Manche schwören auf Botulinumtoxin

Andererseits sollten die Betroffenen auf harten Böden möglichst nicht barfuß laufen. Damit ist es aber nicht getan: Sie müssen selbstständig und regelmäßig aktive und passive Dehnübungen (bis in den Beckenbereich) durchführen. Tapeverbände, die sie ebenfalls selbst anlegen können, unterstützen das Konzept. Nachts wirkt das Tragen einer speziellen Schiene einer Verkürzung der Sehne entgegen. Antiphlogistika, physikalische Therapie (z.B. Ultraschall, Reizstrom) und Röntgentiefen- oder -reizbestrahlung ergänzen das Spektrum.

Schmerzen wegstoßen

Sehr gute Erfolge lassen sich bei der Plantarfasziitis und dem Fersensporn mit der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) erzielen. Sie bessert die Durchblutung, hemmt Entzündungsvorgänge und aktiviert Wachstumsfaktoren. Nach etwa drei Monaten darf man das Maximum der Wirkung erwarten, die positiven Effekte lassen sich noch zwei Jahre später nachweisen. Kontraindiziert ist die ESWT bei Kindern, Schwangeren, offenen Wachstumsfugen und Krebspatienten.

Immer öfter kommt plättchenreiches Plasma zum Einsatz, direkt lokal injiziert. Die Thrombos sind reich an Wachstumsfaktoren und fördern so Reparaturvorgänge. Einige Autoren schwören auf das Einspritzen von Botulinumtoxin, die angegebenen Erfolgsquoten liegen bei 50–70 %. Im Akutstadium kann man eine lokale Injektion mit Kortison und Lokalanästhetikum erwägen. Sie birgt aber die Gefahr von Fettgewebsnekrosen oder Faszien(teil)rupturen. Wenn alle konservativen Maßnahmen versagen, bleibt die Möglichkeit der chirurgischen Einkerbung der Faszie, evtl. kombiniert mit einer Dekompression des N. plantaris lateralis. Doch auch nach einer OP muss eine konsequente konservative Therapie folgen.

Quelle Text und Abb.: Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Fällt die Dorsal­extension beim Silfverskjöld-Test (links) im gestreckten Zustand geringer aus als im gebeugten, ist der M. gastrocnemius sehr wahrscheinlich verkürzt. Auch ein Fersensporn ist nicht die Seltenheit (rechts). Fällt die Dorsal­extension beim Silfverskjöld-Test (links) im gestreckten Zustand geringer aus als im gebeugten, ist der M. gastrocnemius sehr wahrscheinlich verkürzt. Auch ein Fersensporn ist nicht die Seltenheit (rechts). © Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Zuerst prüft man beim Silfverskjöld-Test die aktive und passive Dorsalextension im oberen Sprunggelenk am gestreckten Knie. Dann wird die Untersuchung bei rechtwinkliger Beugung wiederholt Zuerst prüft man beim Silfverskjöld-Test die aktive und passive Dorsalextension im oberen Sprunggelenk am gestreckten Knie. Dann wird die Untersuchung bei rechtwinkliger Beugung wiederholt © Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Fersensporn Fersensporn © Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Patienten mit Plantarfasziitis müssen konsequent Dehnübungen durchführen. Simple Haushaltsgegenstände können dabei helfen. Patienten mit Plantarfasziitis müssen konsequent Dehnübungen durchführen. Simple Haushaltsgegenstände können dabei helfen. © Först A. internistische praxis 2019; 61: 77-88 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach