Fersenschmerz: Multimodale konservative Therapie hilft Geduldigen

Ulrike Koock/Dr. Sascha Bock

Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne sprechen für einen reaktiven Prozess. Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne sprechen für einen reaktiven Prozess. © wikimedia/Mikael Häggström

Dehnübungen, Stoßwellen, plättchenreiches Plasma – was gegen Fersenschmerzen am besten hilft, hängt von deren Ursache ab. Bei Plantarfasziitiden und achillären Insertionstendinopathien führt die konservative Therapie oft zum Erfolg. Es kann aber schon mal ein halbes Jahr dauern.

Ungefähr 7 % der über 65-Jährigen leiden unter chronischen Fersenschmerzen. Die erfolgreiche Therapie hängt entscheidend von den detaillierten Empfehlungen des Arztes sowie von der Bereitschaft der Patienten ab, schreiben Dr. Primoz­ Potocnik vom Kantonspital St. Gallen und Kollegen. Voraussetzung dafür ist ein individuelles Vorgehen je nach zugrunde liegender Ursache. Am häufigsten begegnet man Plantarfasziitiden und achillären Insertionstendinopathien.

Plantarfasziitis

Ihr Patient ist zwischen 40 und 60 Jahre alt, sportlich sehr inaktiv oder gar sehr aktiv und berichtet über belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des Tuber calcanei? Dann liegt womöglich eine Plantarfasziitis vor – mit immerhin 80 % die häufigste Ursache von Fersenbeschwerden. Typischerweise besteht ein Anlaufschmerz nach längeren Ruhepausen und eine zweite Symptomspitze nach längerer Belastung.

Dahinter stecken vermutlich repetitive Mikrotraumata der Plantar­aponeurose in Verbindung mit biomechanischen Anomalien. Übergewicht, eine verkürzte dorsale Kette sowie eine reduzierte Dorsalextension im oberen Sprunggelenk spielen ebenfalls eine Rolle.

MRT nur bei Versagen der konservativen Maßnahmen

Für die Diagnose genügen Anamnese und klinische Untersuchung. Palpatorisch lässt sich der Schmerz gut reproduzieren. Bei lateralem oder medialem Kompressionsschmerz sollte man sich eher nach Differenzialdiagnosen umschauen. Erst dann kommt eine Röntgenbildgebung infrage. Eine MRT sollte nur bei Versagen der multimodalen konservativen Therapie bzw. bei veränderter Symptomatik erfolgen.

Kombiniert führen die konservativen Therapiemöglichkeiten zu ausgezeichneten Ergebnissen, so die Autoren. Allerdings braucht der Patient Motivation und Geduld. NSAR reduzieren kurzfristig die Schmerzen. (Elastisches) Taping, Einlegesohlen und Nachtlagerungsschienen sollten für eine optimale Heilung durch Dehnübungen ergänzt werden. Eine spezifische Dehnung der Plantaraponeurose scheint dabei besser zu sein als isolierte Waden­übungen.

Lokale Steroidinfiltrationen eignen sich nur zur akuten Behandlung. Persistieren die Symptome, gibt es inzwischen diverse moderne Verfahren wie die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) und die lokale Radiotherapie. Als vielversprechende Ansätze in Studien bezeichnen die Kollegen die Applikation von plättchenreichem Plasma, Botulinumtoxin und das Needling. Im Einzelfall steht nach erfolglosem konservativem Vorgehen – i.d.R. über sechs Monate – eine OP an.

Tendinopathie der Achillessehne

Etwa 20–25 % aller Achillessehnenproblematiken liegt eine Tendinopathie zugrunde. Patienten klagen besonders nach längerer Belastung über Fersenschmerzen beim Stehen und Gehen – eine passive Dorsalextension verstärkt die Beschwerden. Ihre Schuhe empfinden Betroffene als störend. Prädisponierend wirken extrinsische Faktoren wie mechanische Überlastung und Fehler im Training sowie intrinsische (Beinlängendifferenz, Pes cavovarus, Adipositas, Gicht, Diabetes etc.).

Konturveränderungen der Sehne oder spindelförmige ansatznahe Verdickungen lassen sich tasten. Im Gegensatz zum Fersensporn bei Plantarfasziitis (s. Kasten) steht der kalkaneare, dorsale Fersensporn direkt mit der Pathologie in Verbindung (s. Abb.). Er wird laut den Autoren als reaktiver Prozess gewertet.

Plantarfasziitis ≠ Fersensporn

So mancher Kollege nutzt die Begriffe Plantarfasziitis und Fersensporn fälschlicherweise synonym. Der plantare Fersensporn beschreibt aber lediglich einen Traktionsosteophyten am Ursprung der intrinsischen Fußmuskulatur.

Neben dem Röntgen kann eine dreidimensionale Darstellung mittels CT sinnvoll sein, speziell bei geplantem operativem Vorgehen. Bewährt hat sich auch die Sonographie als kostengünstige Alternative. Zu den ausschlussbedürftigen Differenzialdiagnosen zählen eine Haglund-Deformität, eine retrokalkaneare Bursitis und ein Impingement. Stoßwellen helfen bei der insertionalen Form besser Initial muss die Sehne ruhiggestellt bzw. entlastet werden, ergänzend eignen sich Fersenkeile zur Polsterung. Für die weitere konservative Therapie ist die Lokalisation der Tendinopathie wichtig. Unterschieden wird zwischen insertional und non-insertional (2–6 cm proximal des Sehnenansatzes). Vor allem Letztere spricht in der Frühphase gut auf exzentrische Übungen an. Bei der insertionalen Form hingegen sind die Daten für die extrakorporale Stoßwellentherapie besser. Bei anderen Maßnahmen (Kinesiotape, Nachtschienen, plättchenreiches Plasma etc.) halten sich die Kollegen mit Empfehlungen zurück.

Weitere Ursachen von Fersenschmerzen

  • mechanisch: z.B. Haglund-Exostose
  • neurogen: Baxter-Neuropathie (für ca. 5–20 % der Fersenschmerzen verantwortlich), Joggers-Nerv, hinteres Tarsaltunnelsyndrom
  • (pseudo-)tumorös: juvenile Knochenzysten, Lipom, Ganglion
  • traumatisch
  • arthritisch
  • degenerativ

Drei bis sechs Monate sollte man der konservativen Behandlung Zeit geben. Findet sich bei der insertionalen Tendinopathie ein Knochensporn, läuft es aufgrund der mechanischen Reizung meist frühzeitig auf eine Operation hinaus. Grundsätzlich wird bei dem Eingriff das degenerativ veränderte Gewebe debridiert.

Quelle: Potocnik P et al. Der Orthopäde 2019; 48: 261-280

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Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne sprechen für einen reaktiven Prozess. Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne sprechen für einen reaktiven Prozess. © wikimedia/Mikael Häggström
Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne Kalzifikationen innerhalb der verdickten, ansatznahen Achillessehne © wikimedia/ Mikael Häggström