Bienen- und Wespengiftallergien erkennen und der Anaphylaxie vorbeugen

Dr. Dorothea Ranft

Eine starke Reaktion nach dem Stich einer Biene oder Wespe ist nicht allergisch 
bedingt, solange sie lokal bleibt. Eine starke Reaktion nach dem Stich einer Biene oder Wespe ist nicht allergisch bedingt, solange sie lokal bleibt. © phichak - stock.adobe.com; Ruckszio - stock.adobe.com

Eine Insektengiftallergie kann lebensbedrohlich sein. Doch vieles, was eine Patientin oder einen Patienten im ersten Moment verängstigt, geht allenfalls als gesteigerte Lokalreaktion durch. Eine Leitlinie beschreibt, wann eine intensivere Diagnostik oder eine spezifische Immuntherapie angebracht sind und wer einen Adrenalinpen braucht.

Etwa 40 % der Bevölkerung weisen eine IgE-vermittelte Sensibilisierung gegen Hymenopterengift auf, vorzugsweise ausgelöst durch den Stich einer Biene oder Wespe. Aber nur für einen Bruchteil der Betroffenen ist dies klinisch relevant. Um eine Überdiagnostik und damit eine Verunsicherung der Patientinnen und Patienten zu vermeiden, soll eine allergologische Testung daher nur bei einer plausiblen Vorgeschichte einer allergischen Allgemeinreaktion nach dem Stich eines Hautflüglers erfolgen. Bei einer eher leichten, auf die Haut beschränkten systemischen Reaktion ohne Therapiebedarf ist davon abzusehen, heißt es in der S2k-Leitlinie der DGAKI* und weiterer Fachgesellschaften zur Diagnose und Therapie der Bienen- und Wespengiftallergie.

Anamnestisch sollen Risiken für eine erhöhte Stichgefährdung, wie sie beispielsweise für Imker, Landwirte, Gärtner oder Bauarbeiter besteht, und für schwerere Anaphylaxien erfragt werden. Als Basisdiagnostik für den Nachweis einer Mastozytose rät das Autorenteam um Prof. Dr. Franziska Ruëff von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum der Universität München bei extrakutanen systemischen Symptomen zur Kontrolle der basalen Serumtryptase.

Beim begründeten Verdacht auf eine Stichanaphylaxie sollen schon bei der Erstvorstellung spezifische IgE-Antikörper gegen Bienen- oder Wespengiftbestandteile bestimmt werden, ggf. auch gegen das Gift anderer Hautflügler wie Hummeln oder Ameisen. Bei negativem Befund in der Frühphase (weniger als zwei Wochen nach dem Indexstich) wird die Testung vier bis sechs Wochen nach dem Ereignis wiederholt. Ein Hauttest kann unterbleiben, wenn die In-vitro-Diagnostik einen eindeutigen Befund liefert. Von Stichprovokationen vor Beginn einer Hymenopterengift-Allergenimmuntherapie oder nach deren Abschluss soll man absehen, da diese Provokationen schwere Reaktionen auslösen können. 

Auf dem Land ist ein Pen nach einer Grad-1-Reaktion ratsam

Patientinnen und Patienten mit anamnestischer Reaktion des Schweregrads I (kutane/mukosale systemische allergische Reaktion) ohne sonstige Risikofaktoren benötigen prinzipiell keinen Adrenalinautoinjektor. Dieser kann aber z. B. in ländlichen Regionen mit eher schlechter medizinischer Versorgung oder bei hohem Re-Expositionsrisiko verordnet werden. Menschen mit bekannter Anaphylaxie der Schweregrade II–IV oder des Grads I mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine erneute Exposition sollen bis zum Abschluss der allergologischen Diagnostik inklusive Beurteilung ein Notfallset einschließlich eines Adrenalinpens erhalten.

Zum Vorgehen nach erfolgreicher Einleitung einer Hymenopterengift-Allergenimmuntherapie und dem Erreichen der Erhaltungsdosis bzw. nach dem erfolgreichen Abschluss der Maßnahme besagt ein Expertenkonsens: Im Erhaltungsintervall kann man bei Personen mit der Anamnese einer systemischen Stichreaktion des Schweregrads I oder II auf die Verordnung eines Adrenalinautoinjektors verzichten. Es dürfen allerdings keine weiteren Risikofaktoren für ein Nichtansprechen auf die allergenspezifische Immuntherapie vorliegen.

Bei schwerer Allergie Notfallset immer mitführen

Menschen mit Z. n. Anaphylaxie Grad III oder IV bzw. mit weiteren Risikofaktoren für ein Nichtansprechen auf die Hymenopterengift-Allergenimmuntherapie sollen während und nach der Behandlung ein Notfallset mit einem Adrenalinpen erhalten. Als Risikofaktoren gelten:

  • hohe Expositionsgefahr
  • wiederholte systemische Reaktionen unter der Immuntherapie
  • Mastzellerkrankungen und/oder erhöhte basale Serumtryptase (> 20 µg/ml)

Für erwachsene Patientinnen und Patienten gilt auch die Bienengiftallergie selbst als Risikofaktor.

Die Hymenopterengift-Allergenimmuntherapie soll bei einer Anaphylaxie ab dem Schweregrad II in der Anamnese und nachgewiesener IgE-vermittelter Sensibilisierung begonnen werden zum Schutz vor einer erneuten Reaktion. Bei Personen mit erhöhter

Expositionsgefahr und Risikofaktoren für eine besonders schwere Anaphylaxie ist diese Maßnahme bereits bei einer rein kutanen systemischen Reaktion indiziert. Das gilt auch, wenn die Lebensqualität der Betroffenen durch das Unterlassen stark beeinträchtigt wäre. Kontraindiziert ist eine derartige Immuntherapie unter anderem bei

  • unkontrolliertem Asthma,
  • aktuell bedeutsamer maligner Neoplasie,
  • aktiver systemischer Autoimmunerkrankung oder
  • ausgeprägtem Immundefekt.

Gleiches gilt bei mangelnder Therapietreue, unbehandelten chronischen Infektionen und Schwangerschaft (für die Neueinleitung). ACE-Hemmer und Betablocker sind erlaubt, die Patientin oder der Patient sollten aber über mögliche Interaktionen aufgeklärt werden.

* Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie

Quelle: S2k-Leitlinie „Diagnose und Therapie der Bienen- und Wespengiftallergie“, AWMF-Register-Nr. 061-020, www.awmf.org

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Eine starke Reaktion nach dem Stich einer Biene oder Wespe ist nicht allergisch 
bedingt, solange sie lokal bleibt. Eine starke Reaktion nach dem Stich einer Biene oder Wespe ist nicht allergisch bedingt, solange sie lokal bleibt. © phichak - stock.adobe.com; Ruckszio - stock.adobe.com