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Biomarkergetrieben

Tumoren mit genetischen Defekten der homologen Rekombinationsreparatur (HRR), etwa Mutationen in den BRCA-Genen, sprechen auf PARP-Inhibitoren an. Das gilt für Prostata- ebenso wie für Brusttumoren. MAGNITUDE ist die bisher größte Phase-3-Studie zur Erstlinienbehandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) mit BRCA-Mutationen; der PARP-Inhibitor Niraparib hatte darin in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison das radiografische PFS gegenüber der alleinigen hormonellen Therapie signifikant verbessert. Prof. Dr. Kim Nguyen Chi, Vancouver Prostata Centre, präsentierte die finale Analyse vor allem der Daten zum Gesamtüberleben.1
Von 225 nach median 35,9 Monaten evaluierten BRCA+ Personen hatten 113 den PARP-Inhibitor zusätzlich zu Abirateron erhalten, die übrigen ein Placebo. 86 % vs. 70 % der Erkrankten in Kontrolle vs. Prüfarm erhielten im Anschluss eine lebensverlängernde Therapie. Der Unterschied im OS erreichte insgesamt keine Signifikanz (HR 0,79; 95%-KI 0,55–1,12; p = 0,18), wohl aber in einer vorab geplanten multivariaten Analyse, bei der die Kolleg:innen die unausgeglichene Verteilung verschiedener Eigenschaften korrigierten (HR 0,66; 95%-KI 0,46–0,95; p = 0,02).
Eine Verlängerung der Zeit bis zu einer symptomatischen Progression unter Niraparib, die sich schon in vorangegangenen Analysen abgezeichnet hatte, konnte ebenso bestätigt werden (HR 0,56; 95%-KI 0,37–0,85; p = 0,0056) wie eine Verlängerung der Zeit bis zur nächsten zytotoxischen Chemotherapie (HR 0,60; 95%-KI 0,39–0,92; p = 0,02).
Neue Sicherheitssignale gab es nicht; Lungenembolien erlitten 4,7 % vs. 1,4 % der Teilnehmenden unter Niraparib vs. Placebo, myelodysplastische Syndrome oder akute myeloische Leukämien wurden im Prüfarm bislang nicht beobachtet. Die finalen Ergebnisse stützen das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis von Niraparib plus Abirateron und Prednison, resümierte Prof. Chi. Die Kombination sei ein neuer Standard für die Erstlinientherapie des BRCA-mutierten mCRPC.
In der internationalen Studie Prostate Biomarker (ProBio) wurden 219 Personen mit mCRPC anhand von ctDNA-Analysen in fünf Gruppen eingeteilt, erläuterte Prof. Dr. Dr. Henrik Grönberg, Karolinska Institutet, Stockholm:2
- Androgenrezeptor (AR)- und TP53-Wildtyp
- TP53-Mutationen
- Alterationen im DNA-Reparaturgen DRD,
- TMPRSS2:ERG-Fusion
- Personen mit allen diesen Signaturen in Kombination
Eine Randomisierung erfolgte in den einzelnen Subgruppen auf entweder einen konventionellen Standard nach Ermessen der behandelnden Ärzt:innen, auf einen Inhibitor des AR-Signalwegs (Abirateron oder Enzalutamid) oder auf ein Taxan (Docetaxel oder Cabazitaxel).
Toxizitätsprofil PSMAfore
Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 traten unter der nuklearmedizinischen Therapie mit 33,9 % vs. 43,1 % seltener auf, ebenso schwere Nebenwirkungen mit 20,3 % vs. 28 %. Zu Abbrüchen aufgrund von Toxizitäten kam es mit 5,7 % vs. 5,2 % ähnlich häufig.
Die hormonellen Therapien waren dem Standard hinsichtlich des PFS mit median 11,1 Monaten vs. 7,4 Monate überlegen (HR 0,52; 90%-KI 0,37–0,72) und sie schnitten zudem besser ab als die Taxane (HR 0,54; 90%-KI 0,38–0,76). Auch bezüglich des OS waren die AR-Inhibitoren wirksamer als die Taxane mit median 38,7 Monaten versus 21,8 Monate.
Den Hauptanteil an den positiven Ergebnissen für die Hormontherapien steuerten jene mit Wildtyp von AR und TP53 sowie diejenigen mit einer TMPRSS2:ERG-Fusion bei, während TP53-Mutationen mit einem schlechten Outcome unter allen Behandlungsvarianten assoziiert waren. Hier sind neue Therapieansätze dringend erforderlich, so Prof. Grönberg.
Als Folgebehandlung nach Versagen von Hormon- und Taxantherapien ist für Personen mit PSMA-exprimierenden Tumoren seit Kurzem das Radiopharmazeutikum 177Lutetium(177Lu)-PSMA-617 zugelassen. Es besteht aus PSMA-617, das einerseits durch Komplexierung 177Lutetium und andererseits PSMA auf Zellen des Prostatakarzinoms binden kann. Wie Prof. Dr. Oliver Sartor, Mayo Clinic, Rochester, erläuterte, profitieren auch taxannaive Betroffene von dieser nuklearmedizinischen Option.3
An der Phase-3-Studie PSMAfore nahmen 468 Erkrankte mit PSMA-exprimierendem mCRPC teil. Sie hatten zuvor eine gegen den AR gerichtete, aber keine taxanhaltige Therapie erhalten. Randomisiert wurden sie mit
- 177Lu-PSMA-617 (sechs sechswöchige Zyklen à 7,4 GBq) oder
- einem Wechsel der AR-gerichteten Therapie (Abirateron oder Enzalutamid)
behandelt. Im Falle einer Progression war ein Cross-over zu 177Lu-PSMA-617 gestattet.
Bereits in der primären Analyse nach median 7,3 Monaten hatte sich das Radiopharmazeutikum als signifikant überlegen erwiesen (PFS HR 0,41; p < 0,0001). Die Ergebnisse der zweiten Interimsanalyse nach median 15,9 Monaten fielen mit einer HR von 0,43 (p < 0,0001) ähnlich aus, berichtete Prof. Sartor. Das mediane PFS betrug in Prüfarm vs. Kontrolle 12,02 Monate vs. 5,59 Monate.
In der cross-over-adjustierten Analyse ergab sich ein Trend zugunsten eines verlängerten OS durch 77Lu-PSMA-617; das galt nicht für das Gesamtkollektiv, da 84 % der Teilnehmenden von der Cross-over-Option Gebrauch gemacht hatten. Die Ansprechrate war im Prüfarm mit 50,7 % vs. 14,9 % gegenüber der Kontrolle mehr als verdreifacht.
Auch in der Gruppe der taxannaiven Erkrankten ist 177Lu-PSMA-617 gegenüber einem Wechsel der hormonellen Therapie wirksamer – bei einem günstigen Nebenwirkungsprofil, lautete das Fazit von Prof. Sartor.
Quellen:
1 Chi KN et al. ESMO Congress 2023; Abstract LBA 85
2 Grönberg H et al. ESMO Congress 2023; Abstract LBA 86
3 Sartor O et al. ESMO Congress 2023; Abstract LBA 13
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