
Blutdrucksenkung: Kardiovaskuläres Risiko als Kriterium zur Therapie heranziehen

Selbst normotone Patienten profitieren von Antihypertensiva, ihr Infarkt- und Schlaganfallrisiko sinkt. Das heißt aber nicht, dass Hochdruckmittel künftig per Gießkanne verteilt werden sollten, sagte Professor Dr. Kazem Rahimi, Universität Oxford.
Die Metaanalyse, die er präsentierte, könnte den Schlussstrich unter eine jahrzehntelange Diskussion setzen. Sie ging der Frage nach, wie stark der Nutzen einer blutdrucksenkenden Therapie vom Ausgangsblutdruck abhängt und davon, ob der Patient schon eine vaskuläre Komplikation hinter sich hat.
Dazu wertete das BPLTTC(Blood Pressure Lowering Treatment Trialists‘ Collaboration)-Konsortium randomisierte klinische Studien mit mindestens 1000 Personenjahren Follow-up je Therapiearm aus, in denen Antihypertensiva untereinander oder gegen Placebo bzw. mehr oder weniger intensive Therapiestrategien geprüft worden waren. Insgesamt kamen individuelle Daten von fast 350.000 Teilnehmern aus 48 Studien zusammen, davon gut die Hälfte ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung. Das Follow-up in der Primär- wie Sekundärprävention betrug etwa vier Jahre.
Es gab eine hohe Varianz von Ausgangsblutdrücken, was erlaubte, die Analyse anhand des systolischen Drucks in sieben Kategorien aufzuteilen, beginnend mit < 120 mmHg bis ≥ 170 mmHg. Knapp 20 % der Primär- und fast 40 % der Sekundärpräventionspatienten starteten mit systolischen Blutdruckwerten < 140 mmHg in die Studie. Nach gängiger Definition waren sie also keine Hypertoniker. „Bei diesen Patienten bestand bisher die größte Unsicherheit über den Nutzen einer blutdrucksenkenden Therapie“, konstatierte Prof. Rahimi.
Das Ergebnis lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Pro 5 mmHg Blutdrucksenkung ging das Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen um etwa 10 % zurück. Ein entscheidender Einfluss des Ausgangsblutdrucks oder einer vaskulären Vorerkrankung ließ sich dabei nicht ableiten.
Die relative Risikoreduktion unterschied sich abhängig von den Komplikationen ein bisschen – bei Schlaganfällen betrug sie 13 %, bei Infarkten 7 %. Aber insgesamt ergab sich ein einheitliches Bild pro antihypertensive Therapie.
Die Entscheidung, ob eine blutdrucksenkende Therapie verordnet wird, sollten Ärzte nicht einfach am Blutdruck festmachen oder an der Diagnose einer kardiovaskulären Erkrankung, forderte Prof. Rahimi. Vielmehr sollten sie unabhängig davon das individuelle kardiovaskuläre Risiko als Kriterium heranziehen, denn für Patienten mit hohem Ausgangsrisiko ist der absolute Nutzen höher. Kalkulatoren dafür gebe es zuhauf, erinnerte der Kollege.
Quelle: European Society of Cardiology Congress 2020 – The Digital Experience SOPHIA ANTIPOLIS.
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).