Carotisstenose: Endarteriektomie bleibt der Standard

Dr. Dorothea Ranft

Voraussetzung für einen Eingriff ist eine niedrige periprozedurale Komplikationsrate unter 2–4 %. Voraussetzung für einen Eingriff ist eine niedrige periprozedurale Komplikationsrate unter 2–4 %. © Science Photo Library/ Marazzi, Dr. P.

Stenosegrad und Symptome entscheiden darüber, ob eine Carotis-Engstelle versorgt wird. Wenn es dann um das geeignete Verfahren geht, so favorisiert die neue Leitlinie die Endarterieektomie. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen sich eher ein endovaskulärer Eingriff eignet.

Auch wenn es vielen Patienten mit Carotisstenose schwerfällt: Schon kleine Änderungen ihres Lebensstils können das Schlaganfallrisiko verringern. Deshalb sollen Sie allen Patienten mit einem Engpass in der Halsschlagader (mit und ohne Symptome) eine gesunde Vollwert-Mischkost, regelmäßige körperliche Aktivität und Nikotinabstinenz ans Herz legen, heißt es in der aktualisierten S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der extrakraniellen Carotisstenose.

Sofern kein erhöhtes Blutungsrisiko vorherrscht, steht auch für Patienten mit asymptomatischer Carotisstenose ≥ 50 % eine ASS-Prophylaxe (100 mg/Tag) auf dem Programm. Zur Langzeitprävention kardiovaskulärer Ereignisse wird ab einem Stenosegrad von 50 % generell die Einnahme eines Statins empfohlen. Anzustreben ist ein LDL-Cholesterin < 70 mg/dl bzw. eine Reduktion um mehr als 50 % bei Ausgangswerten zwischen 70 mg/dl und 135 mg/dl.

Beide Strategien mit ähnlicher Einjahresmortalität

Bei einer asymptomatischen Stenose < 60 % wird nach wie vor rein konservativ behandelt. Schon dadurch lässt sich das Risiko für einen ipsilateralen Schlaganfall auf etwa 1 % im Jahr senken. Die Betroffenen würden nicht von einer interventionellen Therapie profitieren.

Die Standardmethode zur Behandlung von Carotisstenosen ist die Carotis-Endarteriektomie (CEA). Als Grund dafür führt die Leitlinie die bessere Evidenzlage an. In randomisierten kontrollierten Studien erlitten mit einem Stent (CAS) versorgte Patienten mehr Schlaganfälle als diejenigen mit Endarteriektomie. Die Einjahresmortalität liegt für beide Interventionen bei 2 bis 5 % – ohne Unterschiede im Langzeitverlauf.

Bei Beschwerdefreiheit, aber stärkerer Gefäßverengung (60–99 %) sollte die CEA zumindest in Betracht gezogen werden, falls kein erhöhtes OP-Risiko besteht und klinische bzw. bildgebende Befunde auf eine Apoplexgefahr hindeuten. Für die Stenteinlage sprechen die Autoren bei dieser Patientengruppe nur eine Kann-Empfehlung aus. Voraussetzung für beide Optionen sind eine niedrige periprozedurale Schlaganfallrate und Letalität (max. 2 % während des stationären Aufenthalts).

Nach retinaler Ischämie, TIA oder nicht behinderndem Schlaganfall – also bei symptomatischen Patienten – soll ab einer Gefäßverengung von 70 % eine CEA erfolgen. Die gleiche Therapie eignet sich auch bei weniger ausgeprägten Stenosen (50–69 %) und geringem OP-Risiko. Am ehesten profitieren dann Männer mit kurz zurückliegenden hemisphäralen Symptomen.

Interventionen im Vergleich
CEA kann gegenüber Stent Vorteile bieten
CAS kann gegenüber OP Vorteile bieten
  • Patienten ≥ 70. Lebensjahr
  • frühelektive CEA nach neurologischem/ retinalem Ereignis
  • langstreckige, stark verkalkte oder ulzerierte Stenosen
  • erschwerter Zugang für Stent (z.B. Kalkläsionen im Aortenbogen)
  • Restenosen nach CEA
  • radiogene Stenosen
  • hochzervikale Stenosen
  • Tandemstenosen mit höhergradiger intrakranieller oder intrathorakaler Stenose
  • kontralaterale Parese des N. laryngeus recurrens

Spätestens zwei Wochen nach dem Indexereignis operieren

Alternativ zur Endarteriektomie kann bei symptomatischen Stenosen ≥ 50 % und normalem OP-Risiko ein Stenting erwogen werden, so die Autoren. Bei hohem chirurgischem Risiko sollte es in Betracht gezogen werden. Auch für die Gruppe der Patienten mit Beschwerden zählt die Sicherheit: Bei einer (früh-)elektiven CEA bzw. CAS darf die Kombi aus Schlaganfallrate und Letalität während des stationären Aufenthalts 4 % nicht überschreiten. Nach wie vor gilt, dass die Endarterieektomie möglichst früh, das heißt innerhalb von 3–14 Tagen nach dem Indexereignis erfolgen soll. Auch Patienten mit behinderndem Schlaganfall (mRS* > 2) können eine CEA oder CAS erhalten, sofern sich eine neurologische Verschlechterung dadurch verhindert lässt. Ein kontralateraler Carotisverschluss kann das Behandlungsrisiko bei einer CEA erhöhen. Deshalb sollen bei der Indikationsstellung und Verfahrenswahl klinische und morphologische Variablen berücksichtigt werden.

Den Patienten zur Nachsorge um die Halsschlagader fallen

Sechs Monate nach dem Eingriff sollte eine frühe Rezidivstenose duplex-sonographisch ausgeschlossen werden. Ein Rezidiv besteht bei einer Einengung ≥ 50 % (mit und ohne Symptome). Ein sonographischer Verdacht auf eine über 70%ige Einengung sollte – vorzugsweise mit CT-Angio – bestätigt werden. Im Verlauf werden bei unbehinderter Passage jährliche Kontrollen empfohlen (falls Therapierelevanz resultieren könnte). Im Fall einer ≥ 50%igen Rezidivstenose bzw. ≥ 50%igen kontralateralen Stenose sind halbjährliche Kontrollen angezeigt, ebenso bei erhöhter Rückfallgefahr (Diabetes, weibliches Geschlecht, Rauchen, Hyperlipidämie). Sobald der Befund bei zwei aufeinanderfolgenden Kontrollen gleich bleibt, darf das Intervall auf ein Jahr verlängert werden. Ob bei einem Rezidiv interveniert wird, hängt von Symptomen und Stenosegrad ab.

Rezidivprophylaxe mit Medikamenten ist obligat

Für die Notfallbehandlung gilt: Patienten, die als Folge ihrer Carotisstenose einen akuten Schlaganfall mit embolischem Verschluss einer gro­ßen intrakraniellen Arterie erleiden, sollen umgehend eine endovaskuläre Revaskularisierung erhalten. In ausgewählten Fällen (z.B. flottierender Thrombus, Crescendo TIA) empfiehlt die Leitline eine CEA bzw. CAS bereits in den ersten Stunden nach dem Ereignis. Ob Notfall oder nicht: Im Anschluss an eine operative oder endovaskuläre Therapie ist eine konsequente Rezidivprophylaxe unerlässlich (Thrombozytenhemmung, Blutdruckeinstellung, Diabetestherapie etc.).

*modifizierte Rankin-Skala

Quelle: S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der extracraniellen Carotisstenose, AWMF-Registernummer: 004-028, www.awmf.org

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Voraussetzung für einen Eingriff ist eine niedrige periprozedurale Komplikationsrate unter 2–4 %. Voraussetzung für einen Eingriff ist eine niedrige periprozedurale Komplikationsrate unter 2–4 %. © Science Photo Library/ Marazzi, Dr. P.