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Chagas-Krankheit: Jahrzehnte nach der akuten Infektion droht eine Kardiomyopathie

In vielen Fällen heilt die Chagas-Krankheit nicht einfach folgenlos aus, wie Professor Dr. José Antonio Marin-Neto von der Medical School of Ribeirao Preto, Brasilien, betonte. Zwei bis vier Jahrzehnte nach der akuten Infektion mit Trypanosoma cruzi entwickelt sich bei 30–50 % der Betroffenen eine chronische Kardiomyopathie mit pektanginösen Beschwerden und EKG-Veränderungen.
Zu den möglichen Komplikationen gehören ventrikuläre Aneurysmen, Thromboembolien, Arrhythmien, biventrikuläres Versagen und nicht zuletzt der plötzliche Herztod. Außerdem ergab eine Studie ein doppelt so hohes Schlaganfallrisiko für Patienten mit Chagas-Kardiomyopathie. Die 10-Jahres-Mortalität steigt mitunter auf bis zu 84 %. Folgende Faktoren erhöhen gemäß dem sogenannten Rassi-Score die Sterblichkeit bei der Erkrankung:
- männliches Geschlecht
- Niedervoltage im EKG
- nicht-anhaltende ventrikuläre Tachykardie im 24-Stunden-EKG
- linksventrikuläre Dysfunktion
- Kardiomegalie
- Herzinsuffizienz NYHA III/IV
Außerdem verschlechtern Myokardnarben durch Fibrosen die Prognose.
Trotz widersprüchlicher Daten Benznidazol geben
Die therapeutischen Empfehlungen beruhen in erster Linie auf Empirie. Randomisierte kontrollierte Studien gibt es kaum. Die Basis stellt das Antiprotozoikum Benznidazol dar. Alles Weitere richtet sich im Wesentlichen nach den vorliegenden Befunden. Inzwischen gilt Benznidazol jedoch als umstritten. Noch vor zehn Jahren zeigte eine Metaanalyse bei chronischer Chagas-Krankheit eine signifikante Reduktion klinischer Ereignisse unter der Substanz (Odds ratio, OR 0,29). Doch jüngere Untersuchungen kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Prof. Marin-Neto befürwortet den Einsatz aber weiterhin.
Die Behandlung einer Herzinsuffizienz durch die Chagas-Kardiomyopathie erfolgt gemäß der gängigen Richtlinien. Man muss aber wissen, dass diese infektionsbedingte Insuffizienz eine deutlich schlechtere Prognose hat als andere Ätiologien der Herzschwäche, betonte Professor Dr. Edimar Alcides Bocchi vom Heart Institute (InCor) der São Paulo University Medical School. Und die Therapie wird durch einige Umstände erschwert. U.a. liegen häufiger rechtsventrikuläre Dysfunktion und persistierende Myokarditis vor, der Blutdruck ist niedriger und viele Betroffene vertragen die Zieldosen von Betablockern und ACE-Hemmern nicht. Am günstigsten schneiden den wenigen vorliegenden Daten zufolge Betablocker ab. Auch Ivabradin hat Vorteile gezeigt.
Von einer Herztransplantation scheinen Chagas-Kranke sogar mehr zu profitieren als beispielsweise Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie. Die Implantation eines CRT**-Devices dagegen bessert das Überleben unter Chagas weniger als unter dilatativer oder ischämischer Herzinfuffizienz. Ob Patienten einem plötzlichen Herztod mit implantierbarem Defi oder einer Amiodarontherapie vorbeugen sollten, untersucht die laufende Studie CHAGASICS. Prospektiv evaluiert wird auch Sacubitril/Valsartan gegenüber Enalapril bei chronischer Chagas-Kardiomyopathie. All diese Vorstöße werden Prof. Bocchi zufolge dazu beitragen, die Behandlung zu verbessern.
Quelle: ESC* Congress 2019
* European Society of Cardiology
** Kardiale Resynchronisationstherapie
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