Das Ende der Eiszeit

Dr. Angelika Bischoff

Auf dem MRT ist eine angerissene Supraspinatussehne als Ursache der Frozen Shoulder zu erkennen. (Argenturfoto) Auf dem MRT ist eine angerissene Supraspinatussehne als Ursache der Frozen Shoulder zu erkennen. (Argenturfoto) © buritora – stock.adobe.com; Science Photo Library/Fung, K.H.

Grundsätzlich ist eine idiopathische Schultersteife selbstlimitierend. Doch bis sich die Verhältnisse in der Gelenkkapsel normalisiert haben, können Jahre mit starken Schmerzen und massiver Einschränkung ins Land gehen. Mit Physiotherapie, Kortikoidinjektionen und anderen Maßnahmen lässt sich der Heilungsprozess beschleunigen.

Eine primäre Schultersteife (Frozen Shoulder) geht oft mit starken Schmerzen einher. Die Beweglichkeit des Schultergelenks ist deutlich eingeschränkt, ohne dass sich im Röntgenbild eine Ursache ausmachen lässt. 11 % der Patienten, die ambulant wegen Schulterschmerzen behandelt werden,haben eine Frozen Shoulder. Betroffen sind überwiegend Menschen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren, Frauen häufiger als Männer. Für die Erkrankung scheint es eine gewisse genetische Disposition zu geben, heißt es in der S2e-Leitlinie Schultersteife.

Fibrotische Veränderungen und Inflammation als Ursache

Pathoanatomisch liegt der steifen Schulter eine Entzündung und eine Fibrose der glenohumeralen Gelenkkapsel mit vermindertem Kapselvolumen zugrunde. Vor allem das Rotatorenintervall und das coracohumerale Ligament sind fibrotisch verändert und verdickt, erläutern die Leitlinienautoren. Die Beschwerden halten meist über Jahre an, bis sie von alleine abklingen. Beruhigen kann man seine Patienten damit, dass Rezidive auf derselben Seite praktisch nicht vorkommen. Allerdings erkrankt bei 20 bis 40 % der Betroffenen auch das kontralaterale Gelenk, meist um zwei oder drei Jahre verzögert.

Einige andere Erkrankungen gehen gehäuft mit der Schultersteife einher, insbesondere Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen und Morbus Dupuytren. Bei Menschen mit Diabetes ist die Frozen Shoulder gar die häufigste Begleiterkrankung der oberen Extremitäten. Sie geht zudem mit einer schlechteren Prognose einher.

Die Diagnose wird klinisch gestellt. Zunächst treten die Schmerzen in erster Linie bei Belastung auf, später auch in Ruhe. Viele Patienten berichten über messerstichartig einschießende Schmerzen bei schnellen Bewegungen. Palpatorisch lässt sich ein unspezifischer Druckschmerz auslösen. Zunächst ist die Außenrotation beeinträchtigt, später Abduktion und Innenrotation.

Um eine knöcherne Ursache der Bewegungseinschränkung auszuschließen, soll bei den Betroffenen initial eine Röntgendiagnostik in mindestens zwei Ebenen erfolgen. Bei unklarem klinischem Befund sollte zudem eine MRT angeordnet werden, mit der sich die typischen Veränderungen am besten nachweisen lassen.

Verschiedene physiotherapeutische Trainings- und Übungsprogramme können die Schmerzen lindern und die Funktionalität des Gelenks verbessern. Allerdings ändert sich die Wirksamkeit einzelner Verfahren im Verlauf der Erkrankung. So ist die Dehnung der Kapsel in der ersten Phase einer Frozen-Shoulder eher kontraindiziert, später ist sie förderlich. Auch manuelle Therapien sollten angewendet werden. Sie wirken ähnlich gut wie intraartikuläre Kortikoidinjektionen. Mit Letzteren lässt sich jedoch zusätzlich die anfangs vorherrschende proinflammatorische Gewebsreaktion eindämmen.

Intraarterielle Kortikoide initial unterstützend geben

Im Vergleich zu alleiniger Physio- oder alleiniger manueller Therapie können zusätzliche Kortikoidspritzen ins Gelenk vor allem in den ers­ten drei Monaten das Behandlungsergebnis verbessern. Niedrige Dosierungen reichen aus, z.B. 20 mg ­Triamcinolon. Die Injektion muss nicht zwingend radiologisch gestützt werden. Bei ausgeprägter Symptomatik kann initial auch eine orale Kortisonstoßtherapie über drei Wochen erfolgen. Für Diabetes­patienten mit ­Frozen ­Shoulder ist die Wirkung der Kortikoidspritzen nicht belegt, schreiben die Leitlinienautoren. Daher könne man in dieser Situation keine Empfehlung für die Injektionen aussprechen. Als generell nicht ausreichend effektiv in der Behandlung der Schultersteife haben sich ­nichtsteroidale Antirheumatika erwiesen.

Tiefe oder oberflächliche Wärmeapplikationen etwa per Ultraschall, Kurzwelle oder Fangopackung können die Beweglichkeit von Patienten in der Einsteifungsphase bessern, sollten aber nicht zusätzlich zu einem Übungsprogramm verordnet werden. Die Experten empfehlen eine niedrig dosierte Laserbehandlung, allein oder add on zur Trainings- oder manuellen Therapie.

Wenn schwere Symptome trotz konservativer Behandlung fortbestehen, kommen z.B. die Narkosemobilisation, die Hydrodilatation mit Kochsalzlösung und Kortison sowie die Stoßwellentherapie infrage. Eine rasche und anhaltende Besserung lässt sich mittels operativer Arthrolyse erzielen.

Quelle: S2e-Leitlinie „Schultersteife“, AWMF-Register-Nr. 187-020, www.awmf.org

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Auf dem MRT ist eine angerissene Supraspinatussehne als Ursache der Frozen Shoulder zu erkennen. (Argenturfoto) Auf dem MRT ist eine angerissene Supraspinatussehne als Ursache der Frozen Shoulder zu erkennen. (Argenturfoto) © buritora – stock.adobe.com; Science Photo Library/Fung, K.H.