Das fibrotische Perpetuum anhalten

Manuela Arand

Bei Fibrose proliferiert das Bindegewebe zwischen Alveolen und Blutgefäßen. Das infolgedessen verhärtete und vernarbte Lungengewebe erschwert die Atmung. Bei Fibrose proliferiert das Bindegewebe zwischen Alveolen und Blutgefäßen. Das infolgedessen verhärtete und vernarbte Lungengewebe erschwert die Atmung. © Science Photo Library/Downer, Nigel

Bei Lungenfibrose laufen zelluläre Reparaturprozesse aus dem Ruder. Neben Fibroblasten sind offenbar eine Reihe weiterer Zellen daran beteiligt. Dies eröffnet Möglichkeiten für neue individuellere Behandlungsansätze.

Für die idiopathische Lungenfibrose (IPF), die aggressivste Form einer interstitiellen Lungenerkrankung, stehen bisher zwei anti­fibrotische Medikamente zur Verfügung. Sie bremsen die Progredienz, vermögen sie aber nicht zu stoppen, und sind aufgrund ihrer Nebenwirkungen im Einsatz limitiert, betonte Prof. Dr. ­Malgorzata ­Wygrecka vom Center for Infection and Genomics of the Lung der Universität Gießen. Um neue Pharmaka entwickeln zu können, ist ein detailiertes Verständnis der pathogenetischen Mechanismen unerlässlich. Doch „das ist schwierig, weil die Mechanismen komplex sind und wir die Patienten praktisch nie zu Beginn ihrer Erkrankung sehen“, sagte die Bio­chemikerin. 

Fibrinsynthese läuft und läuft und läuft

Aktuell geht man davon aus, dass multiple Schäden an alternden Epi­thelzellen den pulmonalen Umbauprozess ins Rollen bringen. Sie können die Zellen in die Apoptose treiben, aber auch aktivieren, was wiederum Fibroblasten anregt und die Fibrinsynthese steigert – physio­logische Prozesse, die der Körper zur Reparatur von Gewebeschäden benötigt. Bei der IPF laufen diese Prozesse jedoch endlos weiter und unterhalten sich dabei selbst.

Bisher lag die Aufmerksamkeit vor allem auf Fibroblasten und Epithelzellen. Inzwischen ist klar, dass viele weitere Zelltypen an der Patho­genese beteiligt sind, neben Makrophagen, T- und B-Zellen auch aberrante Basalzellen und Endo­thelzellen. So ließ sich bei IPF-Patienten eine Korrelation zwischen der Gen­signatur von Basalzellen und der Mortalität nachweisen. Der Arbeitsgruppe von Prof. Wygrecka ist es gelungen, zu zeigen, dass die Injektion von Basalzellen aus IPF-kranken Mäusen bei immungesunden Art­genossen eine schwere Lungenfibrose induziert. 

Vier neue Wirkmechanismen aktuell in Phase 3

Auf diesen Erkenntnissen fußt eine Reihe neuer Wirkstoffe mit unterschiedlichen Ansätzen. Vier von ihnen befinden sich bereits in Phase 3 der klinischen Entwicklung:

  • Pamrevlumab, ein Antikörper gegen den Connective Tissue Growth Factor (CTGF)
  • das Pentraxin-2-Analogon PRM-151 IV
  • der PDE4B-Inhibitor BI 101550
  • eine inhalative Formulierung des Prostazyklinanalogons Trepro­stinil

Prof. Wygreckas besondere Aufmerksamkeit gilt dem Koagulations­faktor XIIa. Dessen Inhibition unter Zuhilfenahme des Anti­körpers Garadacimab konnte in prä­klinischen Modellen einer durch Bleo­mycin induzierten Lungen­fibrose Einhalt gebieten. „FXIIa ist insofern inter­essant, als er nicht von zentraler Bedeutung ist für die Hämo­stase, aber viele zelluläre Effekte entfaltet“, erläuterte die Referentin. Phase 2 der klinischen Entwicklung hat bereits begonnen. 

Die Vielfalt der beteiligten mole­kularen Mechanismen ist groß. Dies bietet die Chance, verschiedene Endo­typen der IPF zu identifizieren, die unterschiedliche thera­peutische Strategien erfordern. Anhand von mRNA aus BAL-Material konnten bereits sechs IPF-Cluster beschrieben werden, die mit dem Überleben korrelieren. Darunter war z.B. ein Cluster mit starker inflammatorischer Signatur und sehr schlechten Überlebenszeiten. Für eine erfolgversprechende endotypbasierte Therapie müssen aber zunächst aussage­kräftige und leicht zu messende Biomarker gefunden werden, die Prognose und Ansprechen vorhersagen.

Quelle: 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei Fibrose proliferiert das Bindegewebe zwischen Alveolen und Blutgefäßen. Das infolgedessen verhärtete und vernarbte Lungengewebe erschwert die Atmung. Bei Fibrose proliferiert das Bindegewebe zwischen Alveolen und Blutgefäßen. Das infolgedessen verhärtete und vernarbte Lungengewebe erschwert die Atmung. © Science Photo Library/Downer, Nigel