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„Provokante“ Ergebnisse

Prof. Dr. Rajendra Badwe vom Tata Memorial Centre in Mumbai präsentierte eine Studie, nach der sich präoperativ injiziertes Lidocain beim frühen Brustkrebs durchaus lohnen könnte.1 1.583 Frauen aus elf Zentren nahmen teil und die Nachbeobachtungszeit betrug 72 Monate. Alle Teilnehmerinnen hatten ein frühes, operables Mammakarzinom. In einer 1:1-Randomisierung erhielten 786 Patientinnen das Lokalanästhetikum Lidocain (0,5 %) 5–10 Minuten vor Operationsbeginn um den Primärtumor herum injiziert, während diese Prozedur bei 797 Erkrankten nicht durchgeführt wurde. Nach brusterhaltender Operation (gut 60 %) bzw. modifizierter radikaler Mastektomie schloss sich in beiden Studienarmen eine adjuvante Bestrahlung plus Systemtherapie an.
Nach 72 Monaten waren in Prüfarm vs. Kontrolle noch 86,1 % vs. 81,7 % der Frauen krankheitsfrei, entsprechend einer relativen Risikoreduktion um 26 % (HR 0,74; p = 0,017). Analoge Vorteile zeigten sich hinsichtlich des Gesamtüberlebens: Nach sechs Jahren lebten 89,9 % vs. 86,2 % der Teilnehmerinnen, was eine relative Risikoreduktion um 29 % (HR 0,71; p = 0,019) bedeutete. Die Kaplan-Meier-Kurven liefen nach etwa 30 Monaten jeweils deutlich auseinander.
Die Subgruppenauswertung bestätige insgesamt konsistente Ergebnisse mit statistisch signifikanten oder numerischen Vorteilen für die Injektion, so Prof. Badwe. Lediglich Patientinnen mit gut differenziertem Mammakarzinom hatten keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil (HR 1,01). Besonders deutlich profitierten Personen mit high-grade Tumoren (HR 0,68; p = 0,006).
Demografische Daten
Die demografischen Daten der Studie waren wie folgt:
- das mediane Alter betrug 51 Jahre
- etwa 40 % der Betroffenen waren prämenopausal
- knapp 80 % hatten einen Tumor > 2 cm
- rund zwei Drittel waren HR+ und etwa 20 % HER2+
- knapp 25 % hatten eine triple-negative Erkrankung
Der Referent erklärte die Ergebnisse zugunsten der präoperativen Lidocain-Injektion damit, dass bei einem operativen Eingriff der pro-metastatische Signalweg aktiviert werde – angestoßen durch eine akute Hypoxie. Dies ähnle dem Downstream-Effekt einer Depolarisation der spannungsgesteuerten Natriumkanäle. Diese wiederum ließen sich durch das lokal applizierte Lidocain blockieren. Die lokale präoperative Injektion sei eine einfache und kostengünstige Maßnahme, um das Leben von Frauen mit frühem Brustkrebs zu retten, resümierte Prof. Badwe.
Dem schloss sich Prof. Dr. Prudence Francis vom Peter MacCallum Cancer Centre, Melbourne, an.2 Auch sie geht davon aus, dass in der perioperativen Phase möglicherweise ein günstigeres Milieu für das Krebswachstum bestehe, sodass Tumorzellen und speziell Mikrometastasen schneller wachsen und in andere Organe streuen könnten. Lidocain hat das Potenzial, hier gegenzusteuern. Die Referentin sprach von „provokanten“ Ergebnissen. Die exakten Mechanismen der präoperativen und peritumoralen Lidocain-Injektion seien noch unklar und eine bestätigende Studie sei wünschenswert.
Quellen:
1. Badwe R et al. ESMO 2022; Abstract 137MO
2. Francis P. ESMO 2022; Mini Oral session: Breast cancer, early stage
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