Gynäkologische Therapiefolgen bei Brustkrebs lindern: Die Empfehlungen der AGO Mamma

Birgit-Kristin Pohlmann

Bei jüngeren Patientinnen sind auch Fertilitätserhalt und Kontrazeption wichtig. Bei jüngeren Patientinnen sind auch Fertilitätserhalt und Kontrazeption wichtig. © iStock.com/MarsBars

Gynäkologische Komplikationen nach Brustkrebserkrankung sind keine Seltenheit. Die AGO Mamma widmet diesem Thema mittlerweile ein separates Kapitel und gibt zahlreiche Empfehlungen.

Im Fokus der gynäkologischen Probleme nach einer Brustkrebserkrankung stehen unter anderem Hormonmangelsymptome und die sexuelle Gesundheit sowie bei jüngeren Frauen zusätzlich der Fertilitätserhalt und die Kontrazeption, erläuterte Privatdozentin Dr. Isabell Witzel, Brustzentrum des Klinikums Hamburg-Eppendorf.

Ein Hormonmangel kann durch die Chemotherapie sowie durch Nebenwirkungen der endokrinen Behandlung entstehen, so Dr. Witzel. Etwa ein Drittel der Frauen leide an Hitzewallungen, bis zu 60 % an Schlafstörungen, gut 15 % unter Stimmungsschwankungen und etwa die Hälfte der Frauen an einer vulvovaginalen Atrophie.

Laserverfahren bei vulvovaginaler Atrophie

Die vulvovaginale Atrophie ist im klinischen Alltag ein großes Problem, erläuterte Dr. Witzel. Im Einzelfall bestehe die Möglichkeit, lokale Östrogene einzusetzen. Erlaubt ist der Einsatz von Östriol (E3) in ultraniedriger Dosierung von 0,03 mg als Kur über drei Monate (4 D +/-). Eine neue Empfehlung ist im Einzelfall (2b B +/-) der Einsatz vaginaler Laserverfahren, um morphologische Veränderungen im Vaginalgewebe zu induzieren und die Kollagenbildung anzuregen. Hier sind laut der Expertin mindestens drei Sitzungen erforderlich. Das Verfahren sei nicht ganz billig und muss von der Patientin bezahlt werden. Gleichwohl seien die Ergebnisse positiv.

Kontraindikationen der Hormonersatztherapie

Eine Hormonersatztherapie (HRT) ist bei Patientinnen nach Brustkrebserkrankung und positivem Hormonrezeptor(HR)-Status kontraindiziert und sollte auch bei negativem HR-Status höchstens im Einzelfall – wenn keine anderen Optionen helfen und der Leidensdruck groß ist – eingesetzt werden, betonte Dr. Witzel. Studien zeigen ein deutlich erhöhtes Rezidivrisiko bei Frauen mit positivem HR-Status.

Hilfe bei Hitzewallungen und Schlafproblemen

Stehen Hitzewallungen im Fokus der Hormonmangelbeschwerden, empfiehlt die AGO Mamma Venlafaxin (1a A +), ein Antidepressivum, das in niedriger Dosierung (2 x 37,5 mg) nicht antidepressiv wirkt, aber bei etwa 60 % der Frauen die Hitzewallungen lindert. Eine gute den Schlaf anstoßende Wirkung hat laut der Expertin Melatonin in der Dosierung von 3 mg, eine Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen (2b c +). Im Rahmen der Komplementär- und Alternativmedizin hat die AGO Mamma die Minus-Bewertung für Johanniskraut-Produkte aufgehoben und die Substanzen aufgewertet (1b b +/-). Im Einzelfall kann Johanniskraut helfen, betonte sie. Zu beachten sei aber bekanntlich, dass Johanniskraut die Wirkspiegel anderer Medikamente, zum Beispiel von Tamoxifen, aber auch von Zytostatika oder Tyrosinkinase-Hemmern absenken kann. Johanniskraut sei daher primär eine Option für Frauen, die keine weiterführende Therapie benötigen. Patientinnen mit Gelenkschmerzen, die durch eine Aroma­tasehemmer(AH)-Therapie induziert wurden, können von Enzym-Präparaten profitieren, die das Ananas-Enzym Bromelain, das Papaya-Enzym Papain sowie Selen und das Linsenextrakt Lektin enthalten. Hier vergab die AGO Mamma eine Plus-Bewertung (3b B +).

Akupunktur gegen AH-induzierte Gelenkschmerzen

Sport und Bewegung sind immer gut, auch bei Schlafstörungen und Gelenkschmerzen, betonte Dr. Witzel, weshalb die AGO Mamma hier eine Doppelplus-Empfehlung vergab (1b b ++). Ein Doppelplus vergab sie auch für die kognitive Verhaltenstherapie (1b b ++) und eine einfache Plus-Bewertung für die sogenannte Body-Mind-Medizin (1b b +), die insbesondere bei Schlafstörungen helfe könne. Aktuelle Daten vom letzten SABCS bestätigen zudem der Akupunktur schmerzlindernde Effekte bei einer AH-induzierten Arthralgie. Über sechs Wochen zweimal wöchentlich angewendet, zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Steifigkeit und der Schmerzen im Vergleich zu den Patientinnen, die eine Schein-Akupunktur erhalten hatten. Wichtig scheint zu sein, dass die Akupunktur frühzeitig, bereits parallel zur AH-Therapie, eingesetzt wird (1b B +). Mit der gleichzeitigen Gabe eines GnRH-Analogons zur Chemotherapie ist ein Fertilitätserhalt möglich, weshalb die AGO Mamma die GnRH-Analoga-Gabe empfiehlt (1a B +). Eine aktuelle Metaanalyse untermauert dies. Die prämature Ovarialinsuffizienzrate – gemessen als Amenorrhö nach zwei Jahren und erhöhte FSH-Spiegel – war deutlich geringer, wenn die Frauen zusätzlich zur Chemotherapie ein GnRH-Analogon einnahmen.

Schwangerschaftsrate höher bei GnRH-Analoga-Gabe

Zudem lag die Schwangerschaftsrate – die allerdings kein primärer Studienendpunkt war – doppelt so hoch bei den Patientinnen mit GnRH-Analogon-Gabe (10 vs. 5 %). Die Prognose der Patientinnen war durch die GnRH-Analoga-Gabe und die Schwangerschaften nicht verschlechtert. Die AGO Mamma hat daher ein neues Statement aufgenommem, dass im Einzelfall die Gabe eines GnRH-Analogons zur Erhöhung der SS-Rate eingesetzt werden kann (2a B +/-).

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Bei jüngeren Patientinnen sind auch Fertilitätserhalt und Kontrazeption wichtig. Bei jüngeren Patientinnen sind auch Fertilitätserhalt und Kontrazeption wichtig. © iStock.com/MarsBars