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Das metastasierte Mammakarzinom bleibt Vorreiter

ADC bestehen aus einem gegen ein Zelloberflächenprotein gerichteten Antikörper, der zytotoxischen Wirksubstanz (Payload) und einem Linker, der das Zytostatikum an den Antikörper bindet, rekapitulierte Prof. Dr. Rupert Bartsch von der Medizinischen Universität Wien. Wie er berichtete, unterscheiden sich ADC der dritten Generation (wie Trastuzumab-Deruxtecan [T-DXd] mit der Zielstruktur HER2 oder Sacituzumab-Govitecan [Sg] mit der Zielstruktur Trop-2) von ihrer Vorgängergeneration (z. B. Trastuzumab-Emtansin [T-DM1] mit der Zielstruktur HER2) dadurch, dass sie ein geringeres Verhältnis von Payload-Molekül zu Antikörper aufweisen.
Noch wichtiger: Nur bei ADC der jüngsten Generation kann das Payload spezifisch vom Linker getrennt werden. So kann das Zytostatikum nach der Freisetzung aufgrund seiner Membrangängigkeit eine Wirkung auch in benachbarten Tumorzellen entfalten, erklärte der Referent. „Dieser Bystander-Effekt vermindert das Problem der Heterogenität solider Tumoren.“ Die Vorteile moderner ADC führten dazu, dass die Aktivität der innovativen Substanzen diejenige von konventionellen Chemotherapien oft übersteige. Aufgrund der Linkertechnologie brauche die Zielstruktur zudem kein molekularer Treiber der Erkrankung mehr zu sein.
Vorgänger-ADC wie T-DM1, die nach ihrer Einführung als Revolution galten, haben gemäß Prof. Bartsch heute noch einen Stellenwert in ausgewählten Therapiesituationen– vermutlich so lange, bis modernere Konstrukte ihnen auch hier irgendwann den Rang ablaufen. Als Beispiel nannte der Experte die KATHERINE-Studie mit adjuvantem T-DM1 bei Erkrankten mit HER2+ frühem Brustkrebs, die nach neoadjuvanter Therapie keine pathologische Komplettremission (pCR) erreichten – eine Therapiesituation, in der dem ADC noch eine herausragende Bedeutung zukommt.
Langzeitvorteile von T-DM1
In der finalen Analyse nach median 8,4 Jahren war T-DM1 als postneoadjuvante Therapie Trastuzumab hinsichtlich des primären Endpunkts „Überleben ohne invasive Erkrankung“ (iDFS) weiterhin überlegen (HR 0,54; p < 0,0001), mit einer Sieben-Jahres-iDFS-Rate von 80,8 % vs. 67,1 %. Erstmals wurde im Langzeitverlauf zudem ein signifikanter Vorteil hinsichtlich des Gesamtüberlebens erreicht; nach sieben Jahren waren im T-DM1-Arm 89,1 % der Behandelten am Leben gegenüber 84,4 % unter Trastuzumab (HR 0,66; p = 0,0027).
Das metastasierte Mammakarzinom (mBC) stelle bereits heute eine Domäne von ADC der dritten Generation dar, erklärte Prof. Bartsch. Für de novo metastasierte HER2+ Tumoren empfehlen die aktuellen Leitlinien der AGO* T-DXd als Zweitlinienstandard nach taxanbasierter Chemotherapie plus Trastuzumab/Pertuzumab (++-Empfehlung). Bei vorbehandelten Patient:innen mit HR+/HER2– mBC kann T-DXd ab der zweiten Linie eingesetzt werden, wobei zumindest ein HER2low-Status (IHC1+ oder IHC2+/ISH-) gefordert wird (++).
Sg kann dagegen unabhängig vom HER2-Status und damit auch bei HR+/HER2zero-Tumoren (IHC0) eingesetzt werden (++). Zudem empfehlen Fachleute das ADC beim fortgeschrittenen TNBC ohne BRCA-Mutation oder PD-L1-Expression nach mindestens zwei Vortherapien hochrangig (++). Der Kollege verwies darauf, dass jedes ADC ein unterschiedliches Toxizitätsprofil aufweise, das von „Zielstruktur, Linker und Payload“ abhänge und beim Therapiemanagement beachtet werden müsse.
Am Beispiel der jüngst präsentierten primären Daten der Phase-3b/4-Studie DESTINY-Breast12 zu T-DXd erläuterte Prof. Bartsch, dass der Wirkstoff auch Aktivität bei Hirnmetastasen aufweise. In der Kohorte der bereits gegen HER2 vorbehandelten Patient:innen mit HER2+ mBC und ZNS-Metastasen lebten nach zwölf Monaten noch 61,6 % progressionsfrei. 58,9 % waren weder gestorben noch ließ sich ein Progress im ZNS nachweisen (CNS PFS) – ganz gleich, ob die ZNS-Metastasen stabil (57,8 %) oder aktiv waren (60,1 %).
Als Herausforderung für die Zukunft sieht der Onkologe, eine mögliche Sequenz verschiedener ADC zu etablieren und Resistenzmechanismen aufzuklären. Zudem solle der Stellenwert der Konjugate auch im Frühstadium einer Brustkrebserkrankung evaluiert werden, wobei man in diesem Setting die Chance auf individuelle Eskalation bzw. Deeskalation nutzen müsse.
* Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V.
Quelle:
Bartsch R. DGHO-Jahrestagung 2024; Vortrag V75
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