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Präziser (de-)eskalieren

Risikofaktoren/Früherkennung
Zu den bekannten Risikofaktoren eines Endometriumkarzinoms (EC) zählen Tamoxifen sowie Hormontherapien, vor allem eine alleinige Behandlung mit Östrogenen ohne Gestagenschutz. Gleiches gilt, wenn Personen Kombinationen, die Progesteron oder Dydrogesteron enthalten, länger als fünf Jahre einnehmen. Eine sequenziell-kombinierte Hormonersatztherapie mit einer Anwendungsdauer < fünf Jahren, bei der mindestens zehn Tage pro Monat ein synthetisches Gestagen genutzt wird, scheint die Rate an Malignomen wiederum nicht zu erhöhen.
Eine kontinuierlich-kombinierte Behandlung mit konjugierten equinen Östrogenen und Medroxyprogesteronacetat, orale Kontrazeptiva sowie Intrauterinpressare, insbesondere mit Levonorgestrel, senken das Risiko andererseits tendenziell. Erstmals nahmen die Autor:innen auch eine Behandlung mit Bisphosphonaten als protektiven Faktor auf.
Unabhängig von konventionellen Risikofaktoren beurteilen die Expert:innen eine Früherkennung mittels transvaginalen Ultraschalls bei asymptomatischen Personen weiterhin als nicht zielführend (Expert:innenkonsens; EK). Sie betonen, dass dies explizit auch dann gilt, wenn Patient:innen zehn Jahre lang Tamoxifen einnehmen (Empfehlungsgrad A, Evidenzlevel 3).
Bei abnormen prämenopausalen Blutungen sollten Ärzt:innen zunächst andere Ursachen ausschließen (EK), da die Wahrscheinlichkeit für ein Endometriumkarzinom oder eine atypische Hyperplasie als Vorstufe hier unter 1,5 % liegt. Es soll dennoch bei jeder atypischen uterinen Blutung eine vaginale/zervikale zytologische Untersuchung erfolgen (A, 3).
Lymphknotendissektion
Bei Low-Risk-Tumoren vom Typ 1 (pT1a, G1/2, keine vergrößerten Lymphknoten, p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt) soll keine systematische Lymphadenektomie (LNE) erfolgen (A, 1). Liegt in diesem Stadium entweder eine p53-Mutation oder eine Überexpression von L1CAM vor, können Mediziner:innen eine Biopsie der Sentinellymphknoten und ggf. danach eine LNE durchführen. Bei intermediärem Risiko (cT1a, G3 oder cT1b, G1/2, p53 WT, L1CAM negativ oder unbestimmt) kann ebenso vorgegangen werden, auf eine primäre systematische LNE sollte man jedoch verzichten (EK). Letzterer Eingriff sollte wiederum auch ohne weitere Risikofaktoren stattfinden, falls sich eine extensive Lymphgefäßinvasion (LVSI) nachweisen lässt.
Im Stadium cT1b, G3 empfehlen die Autor:innen für Betroffene eine operative Sentinel-Staging-LNE oder eine systematische Lymphadenektomie. Zu einer oder beider dieser Optionen raten sie im Falle einer p53-Mutation bereits früher (cT1a, G3 oder cT1b, G1/2). Beim fortgeschrittenen Typ-1-Endometriumkarzinom (pT2–pT4, M0, G1–3) sowie Typ-2-Malignomen sollte eine sentinelgestützte LNE durchgeführt werden, wenn sich makroskopische Tumorfreiheit erreichen lässt (EK).
Wann und wie bestrahlen? | |||
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Stadium | Risikofaktoren | Empfehlung | Evidenz |
pT1a, pNX/0 ohne Myometriumbefall, G3 | POLE WT, p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine extensive LVSI | optional vaginale Brachytherapie | 0, 4 |
pT1a, pNX/0 ohne Myometriumbefall, G1–3 | POLE WT, p53 aberrant UND/ODER L1CAM positiv | optional adjuvante vaginale Brachytherapie oder perkutane RT; ggf. bei p53-mutierten Tumoren + Chemo | EK |
pT1b, pNX/0, G1/2 | p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine extensive LVSI | alleinige postoperative vaginale Brachytherapie | A, 2 |
pT1a mit Myometriumbefall, pNX/0, G3 | p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine extensive LVSI | alleinige postoperative vaginale Brachytherapie | A, 2 |
pT1b, G1–3, pNX/0 | p53 aberrant UND/ODER L1CAM positiv UND/ODER extensive LVSI | postoperative perkutane RT | A, 3 |
pT1a mit Myometriumbefall, G1–3, pNX/0 | p53 aberrant UND/ODER L1CAM positiv UND/ODER extensive LVSI | postoperative perkutane RT | A, 3 |
pT1b pN0, G3 | p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine LVSI | vaginale Brachytherapie | A, 3 |
pT1b pNX, G3 | p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine LVSI | vaginale Brachytherapie oder perkutane RT | A, 3 |
pT2 pN0, G1/2 | p53 WT, L1CAM negativ, keine LVSI, weniger als 50 % Myometriuminfiltration | vaginale Brachytherapie | A, 3 |
pT2 pN0 | G3, > 50 % Myometriuminfiltration ODER LVSI ODER L1CAM positiv | perkutane RT des Beckens | B, 3 |
pT2 pNX, G1/G2 | p53 WT, L1CAM negativ oder unbekannt, keine LVSI, weniger als 50 % Myometriuminfiltration | vaginale Brachytherapie oder perkutane RT | A, 3 |
pT2 pNX | LVSI ODER G3 ODER > 50 % Myometriuminfiltration | perkutane RT; optional + Chemotherapie | A, 3; EK |
Strahlentherapie
Ungeachtet sonstiger Risikofaktoren können Erkrankte mit POLE-mutierten Endometriumkarzinomen im Stadium I/II nach R0-Resektion auf eine adjuvante Radiatio oder Chemotherapie verzichten (0, 3). Auch Personen mit endometroidem EC und niedrigem Risiko (pT1a, pNX/0, G1/2, p53 WT, L1CAM negativ oder nicht geprüft, keine extensive LVSI nach der Hysterektomie) sollten weder Brachytherapie noch perkutane Bestrahlung erhalten (EK).
Anders sieht es aus, sobald weitere Risikofaktoren existieren (s. Tabelle). Wenn eine perkutane Bestrahlung stattfindet, sollte diese als intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) erfolgen (B, 3). Besteht ein p53-Defekt, raten die Autor:innen zur Kombination der RT mit einer Chemotherapie (EK). Typ-2-Karzinome werden so behandelt, als ob eine p53-Aberration bei wildtypischem POLE vorläge (EK).
Sind zusätzliche Strukturen wie Blase, Vagina oder Rektum befallen (endometroides Karzinom, Stadium III–IVA) sollten Mediziner:innen möglichst eine adjuvante perkutane RT mit simultaner sowie anschließender Chemo kombinieren (PORTEC-3-Schema) (B, 3). Eine vaginale Brachytherapie als Boost nach Hysterektomie und Beckenbestrahlung bietet sich bei besonderem Risiko für vaginale Rezidive an (Stadium II mit LVSI; Stadium IIIB vaginal; knapper vaginaler Resektionsrand; EK).
Adjuvante Chemotherapie
Patient:innen mit Typ-1-Karzinom im Stadium T1a/b G1/2 ohne positive Lymphknoten, p53-Mutation oder nachgewiesene L1CAM-Expression sollen keine adjuvante Chemotherapie erhalten (EK). Dasselbe gilt für POLE-mutierte Malignome bis hin zum Stadium pT1b, G3 oder pT2 (keine LK-Metastasen). POLE-wildtypische Tumoren dieser Grade können hingegen zusätzlich zur Brachytherapie mit drei oder sechs Zyklen einer adjuvanten Chemotherapie behandelt werden (0, 2). Im Rahmen einer perkutanen Radiotherapie ist diese wiederum nicht geboten.
Die Verfasser:innen empfehlen eine adjuvante Chemo oder Behandlung nach dem Schema aus PORTEC-3 für alle Personen mit pT3-Tumoren und/oder positiven Lymphknoten (A, 2). Wurden fortgeschrittenere Neoplasien (pT4a, M1) makroskopisch vollständig entfernt oder misst der Resttumor weniger als 2 cm, ist eine postoperative Zytostatikagabe ebenso indiziert („sollte“), gegebenenfalls inklusive Bestrahlung (B, 1).
Bei serösen Endometriumkarzinomen kann bereits im FIGO-Stadium IA ohne Myometriuminfiltration eine adjuvante Chemo erfolgen (EK). In den Stadien IA mit Myometriumbefall bis III sollten Behandelnde sogar eine adjuvante Radiochemotherapie gemäß PORTEC-3 anwenden. Im Stadium III können Patient:innen optional stattdessen eine alleinige adjuvante Chemotherapie bekommen. Diese Empfehlungen gelten auch für Typ-1-Tumoren mit auffälliger p53-Immunhistochemie.
In der Adjuvanz sollen Ärzt:innen Carboplatin (AUC 5 oder 6) und Paclitaxel (175 mg/m2) nutzen und sollten nach einer perkutanen RT die geringere Dosis des Platinderivats wählen (A, 2). Für Karzinosarkome aller FIGO-Stadien empfiehlt sich ebenfalls eine adjuvante Chemotherapie mit dieser Dublette. Ifosfamidhaltige Regime finden keine Erwähnung mehr.
Rezidive
In der Behandlung rezidivierter oder primär fortgeschrittener Malignome (MSS/cMMR), die nach mindestens einer Linie Chemotherapie fortschreiten, sollte eine kombinierte Checkpoint- und Multikinaseinhibition mit Pembrolizumab und Lenvatinib erfolgen (B, 2). Bei mikrosatelliteninstabilem oder mismatchreparaturdefizientem Tumorgewebe kommt auch eine Immuntherapie mit Dostarlimab oder Pembrolizumab infrage. Eine Monotherapie kann man hier angesichts der hohen Toxizität von Kinaseinhibitoren bevorzugen (0, 3).
Quelle:
S3-Leitlinie Endometriumkarzinom; AWMF-Registernummer: 032-034OL
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