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AGO Mamma positioniert sich bei frühen HR+ Tumoren

Den Schwellenwert für ein endokrin sensitives Mammakarzinom hat die Kommission leicht modifiziert. Dieser galt zuvor ab 10 % immunhistochemisch nachgewiesenen östrogenrezeptorpositiven Zellen. Fortan ist ein Mammakarzinom „fraglich endokrin sensitiv“, wenn sich 1–10 % nachweisen lassen. Laut den Experten kann bereits in diesen Fällen eine endokrine Therapie indiziert sein (3b D +). Das müsse im Einzelfall mit der aufgeklärten Patientin besprochen und entschieden werden, sagte die Gynäkologin Professorin Dr. Sibylle Loibl, Centrum für Hämatologie und Onkologie Bethanien in Frankfurt am Main.
Sequenzielle Strategie sinkt auf ein „kann“
Darüber hinaus besteht seit einiger Zeit der Konsens, die endokrine Therapie sequenziell nach einer Chemotherapie zu beginnen, sofern für Letztere ebenfalls eine Indikation vorliegt. Gemäß neuerer Daten der Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group können jedoch beide genauso gut parallel laufen. Entsprechend sank die Empfehlung für den sequenziellen Einsatz auf ein „kann“ zurück (5 D +).
Neu hinzu kommt der Hinweis der Experten, dass die adjuvante endokrine Therapie bei Patientinnen mit HR+/HER2+ Brustkrebs simultan zur Anti-HER2-gerichteten Behandlung inklusive T-DM1 zum Einsatz kommen kann – wenn keine Chemotherapie eingesetzt oder sie beendet ist (5 D +). Für prämenopausale Frauen mit frühem HR+ Brustkrebs und niedrigem Rezidivrisiko gilt die fünfjährige Behandlung mit Tamoxifen als Standard (1a A ++). Besteht ein erhöhtes Rezidivrisiko, plädiert die Kommission stärker für eine ovarielle Funktionssuppression und schafft behandelnden Kollegen damit die Möglichkeit, die Chemotherapie hinauszuzögern. Solange Betroffene die Behandlung tolerieren und eindeutig prämenopausal sind, könne für zwei bis fünf Jahre zusätzlich zu Tamoxifen die Ovarialfunktion supprimiert werden (2b C ++).
Als weitere Option bei einem erhöhten Rückfallrisiko bieten sich Aromatase-Hemmer an, die prämenopausale Patientinnen jedoch ausschließlich zu einer ovariellen Funktionssuppression bekommen dürfen. Aufgrund fehlender Langzeitdaten und des Nachsehens dieser Kombination im direkten Vergleich zu Tamoxifen/Ovarialsuppression, vergab die AGO Mamma eine „Plus“-Empfehlung (1b B +).
Besonderes Augenmerk gilt laut Prof. Loibl der Therapieadhärenz der Erkrankten. Auch unter der endokrinen Behandlung sollten sie regelmäßig über mögliche Beschwerden sprechen können, in deren Folge man die Behandlung ggf. anpassen muss.
Östrogenspiegel der Frauen kontinuierlich prüfen
Ein Wechsel zwischen Aromatase-Hemmer und Tamoxifen sei, sofern keine Kontraindikationen bestehen, grundsätzlich möglich. Die zusätzliche ovarielle Funktionssup- pression erhöhe das Risiko für Toxizitäten und könne die Lebensqualität stärker beeinträchtigen als eine Monotherapie. Dies müsse man mit der Patientin besprechen, auch wenn es sich im Verlauf häufig wieder angleiche.
Der Östrogenspiegel sollte insbesondere unter Aromatase-Inhibitoren/ovarieller Funktionssuppression kontinuierlich kontrolliert werden. In der Klinik weist etwa jede fünfte Betroffene nach drei bis sechs Monaten keine optimale Ovarialsuppression auf. Diese Frauen wären dann mit einem Aromatase-Hemmer falsch behandelt, unterstrich die Referentin. Im Zweifel sei es besser, mit Tamoxifen/Ovarialsuppression zu starten und zu einem späteren Zeitpunkt von Tamoxifen auf den Aromatase-Hemmer zu wechseln.
Bei postmenopausalen Frauen mit HR+ Brustkrebs und hohem Rezidivrisiko hat die Kommission den Stellenwert der Aromatase-Inhibitoren untermauert. Sie empfiehlt die sequenzielle endokrine Therapie in den ersten fünf Jahren (1a A ++), entweder mit Tamoxifen für zwei bis drei Jahre gefolgt vom Aromatase-Hemmer (1a A ++) oder vice versa mit dem Inhibitor über zwei bis drei Jahre und anschließendem Tamoxifen (1b C ++). Die Experten favorisieren somit die sequenzielle Behandlung vor alleinigem Tamoxifen über fünf Jahre. Das Vorgehen bietet eine Option in Abhängigkeit vom Alter der Patientin, Rückfallrisiko und potenziellen Kontraindikationen gegen einen Aromatase-Hemmer (1a A +).
Obwohl noch nicht zugelassen, kann bei erhöhter Rezidivgefahr im Einzelfall der CDK4/6-Inhibitor Abemaciclib über zwei Jahre zusätzlich zum endokrinen Standard eingesetzt werden. Vorausgesetzt, die Erkrankte entspricht den Einschlusskriterien der monarchE-Studie (2b C +/-) und ist entsprechend aufgeklärt.
Quelle: AGO Mammakarzinom – State of the Art Meeting 2021 (virtuell)
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