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Metastasierter Brustkrebs und CDK4/6-Inhibition: wenig gesicherte Daten zur Patientenselektion

Die Datenlage zum progressionsfreien Überleben (PFS) ist konsistent: Phase-III-Studien zeigen – unabhängig davon, welcher CDK4/6-Inhibitor eingesetzt wurde – ein deutlich verlängertes PFS, dem jeweils primären Studienendpunkt. „Nahezu alle Subgruppen scheinen zu profitieren“, erläuterte Dr. Norbert Marschner, Freiburg. „Bisher lassen sich anhand der biologischen Tumorcharakteristika keine Patientinnen mit nur geringem Nutzen von der endokrinbasierten Kombinationstherapie mit einem CDK4/6-Inhibitor identifizieren“, so der niedergelassene Hämatoonkologe.
CDK4/6-Inhibitoren: schnelle und effektive Wirkung
Die Kombination aus CDK4/6-Hemmer plus endokrine Therapie sei nicht nur hoch effektiv, sondern wirke auch sehr rasch – ähnlich einer intensiven Chemotherapie. Für den klinischen Alltag bedeute dies, dass sich mit dem Erstlinieneinsatz der CDK4/6-Hemmer der Beginn der Chemotherapie hinausschieben und die Erkrankung im Median für gut zwei Jahre stabilisieren lasse. Im Vergleich zur endokrinen Monotherapie zeige sich ein nur moderat erhöhtes Nebenwirkungsspektrum.
Dennoch bleiben offene Fragen zur Patientinnenselektion:
- Ist die Kombinationstherapie tatsächlich bei jeder Patientin mit asymptomatischer Oligometastasierung indiziert?
- Wie sieht es bei Patientinnen mit nur gering proliferativer Erkrankung aufgrund einer günstigen Tumorbiologie aus?
- Sollten auch Patientinnen, die nach adjuvanter endokriner Therapie sehr lange krankheitsfrei geblieben sind (DFS > 36 Monate), einen CDK4/6-Inhibitor erhalten?
„Die Frage, wem wir die endokrin-basierte Kombinationstherapie mit einem CDK4/6-Inhibitor geben und wem nicht, können wir derzeit nicht so einfach beantworten“, ergänzte Professor Dr. Diana Lüftner von der Charité Berlin.
In den klinischen Studien waren durchwegs Patientinnen mit eher günstiger Prognose randomisiert worden. Zu sagen, die „Guten“ behandelt man mit einer endokrinen Monotherapie und den „Schlechten“ gibt man die Kombinationstherapie, basiere daher auf keiner ausreichenden Datenlage, so Prof. Lüftner.
Tatsächlich waren speziell selektionierte Patientinnen in die CDK4/6-Inhibitor-Studien aufgenommen worden. Die Rate der de novo metastasierten Patientinnen, die also auch keine endokrine Vortherapie hatten, lag jeweils bei 30–40 %. „Im klinischen Alltag liegt dieser Prozentsatz bei etwa 10 %, deutlich niedriger“, betonte Prof. Lüftner. „Zudem wissen wir, dass endokrin unbehandelte Patientinnen eine bessere Prognose haben, weil die Tumoren noch keine Chance hatten, eine Resistenz zu entwickeln.“ Die mediane Überlebenszeit liege bei adäquater Behandlung heute bei vier bis fünf Jahren. In den klinischen Studien zu den CDK4/6-Inhibitoren profitierte die Subgruppe der de novo metastasierten Patientinnen jeweils besonders deutlich von den Präparaten.
Fazit: Mehr Daten benötigt
Wie heterogen sind die Patientenkollektive?
Das Problem bei der Bewertung von Studiendaten sei auch die Heterogenität der Patientenpopulationen, so die Expertin. Das gelte insbesondere auch für die Subgruppe der de novo metastasierten Patientinnen. Frauen, welche die Krankheitszeichen verdrängen und den Arztbesuch hinauszögern, sind in der Regel im Krankheitsstadium weiter fortgeschritten – möglicherweise mit einer multiplen Metastasierung – als jene Patientinnen, deren Metastasen aufgrund einer leistungsstarken Staging-Untersuchung schon sehr frühzeitig erkannt werden. Und nicht zuletzt spiele natürlich die Tumorbiologie eine Rolle, erinnerte Prof. Lüftner.Heterogenität aufgrund von Resistenzentwicklungen
Bei den endokrin vorbehandelten Patientinnen beeinflussen Resistenzen den Therapieerfolg. Je nach eingesetzter Substanz und nach Therapielinie entwickelten sich unterschiedliche Resistenzen, betonte sie. Zu den häufigsten Mutationen gehören beim Mammakarzinom die p53- und die PIK3CA-Mutation. 20–30 % der Patientinnen entwickelten eine Östrogenrezeptor-1-Mutation (ESR1), die etwa nach Behandlung mit einem Aromatasehemmer beobachtet wird, nicht dagegen nach alleiniger Tamoxifen-Vorbehandlung. In der SoFEA-Studie war Fulvestrant bei endokrin mit einem Aromatasehemmer vorbehandelten, ESR1-mutierten Patientinnen wirksamer als Exemestan, berichtete Prof. Lüftner. Bei den vorbehandelten Patientinnen ohne ESR1-Mutation zeigte sich dagegen kein Unterschied zwischen den beiden Substanzen. Interessanterweise scheinen jedoch die CDK4/6-Inhibitoren bei ESR1-mutierten beziehungsweise ESR1-Wildtyp-Patienten einen ähnlichen zusätzlichen PFS-Vorteil zu generieren. Bezüglich der Ansprechraten profitierten ebenfalls beide Gruppen, aber die ESR1-mutierten Patientinnen deutlicher.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).