CDK4/6-Inhibition: Neues Wirkprinzip beim HR-positiven Brustkrebs

Dr. Katharina Arnheim

Benefit nur für ausgewählte Patientinnen? Eine Pro- und Kontra-Debatte. Benefit nur für ausgewählte Patientinnen? Eine Pro- und Kontra-Debatte. © istock/SIphotography

In diesem Jahr beschäftigte sich eine der Oxford-Debatten mit dem neuen Therapieprinzip der CDK4/6-Inhibition beim Hormonrezeptor (HR)-positiven Mammakarzinom. Was spricht dafür, was dagegen?

Palbociclib wurde in mehreren Studien erfolgreich geprüft: In PALOMA-2 führte die Erstlinientherapie mit dem CDK4/6-Inhibitor in Kombination mit Letrozol bei metastasierten Patientinnen mit HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs zu einer Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) um zehn Monate im Vergleich zu Letrozol mono. „Die PFS-Verlängerung von 14,5 auf 24,8 Monate mit einer oralen Therapie ist sehr überzeugend“, betonte Professor Dr. Sara Brucker von der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, die sich als Pro-Diskutantin für den Einsatz von Palbociclib bei allen Patientinnen mit metastasiertem HR-positivem Brustkrebs aussprach.

Kurzprofil: CDK4/6-Inhibitoren

CDK4/6-Inhibitoren greifen in den Signalweg mit dem durch Östrogen vermehrt exprimierten Cyclin D und den Cyclin-4/6-abhängigen Kinasen (CDK4/6) ein und hemmen über die Einleitung des Zellzyklus-Arrests die Tumorzellproliferation. Mit Palbociclib wurde die erste Substanz dieser Wirkklasse kürzlich zugelassen; Ribociclib und Abemaciclib stehen in den Startlöchern.

In der Studie PALOMA-3 konnte die Zweitlinientherapie mit Palbociclib plus Fulvestrant das PFS um gut fünf Monate versus Fulvestrant allein verlängern. Aufgrund dieser positiven Daten hat die Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) die Kombinationen von Palbociclib mit Letrozol bzw. Fulvestrant bei Patientinnen mit HER2-negativem, HR-positivem metastasiertem Brustkrebs in den aktualisierten Leitlinien mit einem Doppelplus bewertet. Untermauert werden die positiven Ergebnisse durch die Studien MONALEESA-2 zur Erstlinientherapie mit Ribociclib plus Letrozol und MONARCH-2 zur Zweitlinientherapie mit Abemaciclib plus Fulvestrant: In beiden Phase-III-Studien wurde mit den Kombinationen eine signifikante PFS-Verlängerung gegenüber der jeweiligen Monotherapie erreicht. „Zudem ergab die Studie MONARCH-2 eine sehr frühe Trennung der PFS-Kurven bereits in den ersten zwei Monaten zugunsten der Kombination, die mit anderen Therapien bislang nicht beobachtet wurde“, unterstrich Privatdozent Dr. Nikos Fersis von der Frauenklinik des Klinikums Bayreuth als Pro-Sekundant. Prof. Brucker wies darauf hin, dass der Erhalt der Lebensqualität in der metastasierten Situation ein wichtiges Therapieziel ist und Nebenwirkungen neuer Therapien daher zu berücksichtigen sind. Als „spürbar für die Patientin“ bezeichnete sie Diarrhöen unter der Abemaciclib-Therapie, während bei den beiden anderen Substanzen Neutropenien imponieren. Diese beeinträchtigen die Patientinnen zwar nicht, müssen aber ärztlicherseits monitoriert werden. „Wenn wir Palbociclib breit einsetzen, sind engmaschige Blutwertkontrollen genau wie bei der Chemotherapie obligat“, so die Gynäkologin. Insgesamt wirkt sich Palbociclib positiv auf die Lebensqualität aus: In PALOMA-3 führte die Substanz in Kombination mit Fulvestrant zu einer deutlichen Verbesserung der globalen Lebensqualität. Während sich die emotionale Funktion im Verlauf der Fulvestrant-Monotherapie verschlechterte, verbesserte sie sich unter der Kombination deutlich. Damit sind die neuen Substanzen wie Palbociclib für Patientinnen von hoher Relevanz: Sie ermöglichen ihnen eine lange symptomfreie Zeit. Und die psychische Belastungen verringert sich durch die verzögerte Progression, so Prof. Brucker. „Je früher mit der effektiveren Therapie gestartet wird, umso länger wirkt sie und umso länger kann die Chemotherapie zurückgehalten werden. Daher sollte die effektivste Therapie am Anfang gegeben werden“, so ihr Fazit.

Überzeugende Daten – aber was sind die Bedenken?

Eine Überlegenheit beim relevantesten Endpunkt Gesamtüberleben ist für Palbociclib allerdings nicht belegt, gab Professor Dr. Diana Lüftner von der Charité – Universitätsmedizin Berlin als Kontra- Diskutantin zu Bedenken. In dem auf der diesjährigen ASCO-Tagung vorgestellten Update der Phase-II-Studie PALOMA- 1 unterschied sich das Gesamtüberleben unter der Kombination Palbociclib/ Letrozol mit 37,5 Monaten kaum von dem der Letrozol- Monotherapie (34,5 Monate; p = 0,281). „Auch konnte in Subgruppenanalysen keinerlei positives Signal beim Überleben für bestimmte Subkollektive identifiziert werden“, bedauerte Prof. Lüftner. Sie wies darauf hin, dass endokrine Monotherapien bei Patientinnen ohne viszerale Metastasierung sehr effektiv sind: So wurde mit Fulvestrant allein in der FALCONStudie in diesem Kollektiv ein PFS von 22,3 Monaten erreicht, das mit dem in PALOMA-2 vergleichbar ist. „Diese Monotherapie ist bei weniger Toxizität also sehr wirksam“, erklärte Prof. Lüftner abschließend. Deshalb sollten die neuen CDK4/6-Inhibitoren aufgrund der bislang fehlenden Überlebensdaten nur bei ausgewählten Patientinnen zum Einsatz kommen, ergänzte Professor Dr. Volkmar Müller vom Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf als Kontra-Sekundant. Für die große Zahl an Frauen, die möglichst selten ihren Arzt aufsuchen und keine zusätzlichen Nebenwirkungen erleben möchten, sei die endokrine Monotherapie die bessere Alternative.

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Benefit nur für ausgewählte Patientinnen? Eine Pro- und Kontra-Debatte. Benefit nur für ausgewählte Patientinnen? Eine Pro- und Kontra-Debatte. © istock/SIphotography