Die kleine Schwester der Diphtherie: Corynebacterium ulcerans wird von Haustieren übertragen

Dr. Judith Lorenz

C. ulcerans verbreitet sich auch bei uns, z.B. über Hunde, Katzen und Rinder. C. ulcerans verbreitet sich auch bei uns, z.B. über Hunde, Katzen und Rinder. © CDC

Dank hoher Durchimpfungsraten ist die klassische Diphtherie in Westeuropa heute selten. Dagegen rückt Corynebacterium ulcerans zunehmend in den Fokus des medizinischen Interesses.

Typisches Erregerreservoir für C. ulcerans sind Wild- und Nutztiere. Eine Übertragung auf den Menschen erfolgt z.B. durch den Verzehr von Rohmilch sowie durch Haustiere, insbesondere Hunde und Katzen. Ob die Erreger auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden können, ist hingegen unklar.

Von Infektionen mit Corynebakterium ulcerans betroffen sind überwiegend ältere Patienten mit prädisponierenden Grunderkrankungen, wie Diabetes mellitus, Herz- oder Niereninsuffizienz, berichtet Dr. Christian Jenssen von der Klinik für Innere Medizin des Krankenhauses Märkisch Oderland in Strausberg.

Toxin verursacht Myokarditis und Neuropathie

Die pharyngeale Infektion manifestiert sich durch eine fieberhafte Tonsillitis, die mit grauweißen Pseudomembranen, Dysphagie, Nackenödem und gelegentlich auch Dyspnoe einhergeht. Wie bei der klassischen Diphtherie sind toxische Fernwirkungen – beispielsweise in Form einer Myokarditis oder einer peripheren Neuropathie – möglich. Denn einige Bakterienstämme produzieren ein Toxin, das dem von C. diphtheriae sehr ähnlich ist.

Die durch C. ulcerans verursachten Haut- und Weichteilinfektionen betreffen meist die Extremitäten. An der Stelle der Bakterien-Inokulation, beispielsweise nach Kratzverletzungen durch Tiere, entwickelt sich eine schmerzhafte, ödematöse und erythematöse Ulzeration. In manchen Fällen kann diese ebenfalls mit einer grauen Membran bedeckt sein. Auch Abszesse, eine nekrotisierende Fasziitis, eine Sehnenscheidenentzündung oder eine abszedierende Lymphadenitis können auftreten. Letale Verläufe wurden ebenfalls beschrieben.

Die Diagnostik bei Infektionsverdacht umfasst den kulturellen Erregernachweis mit Antibiogramm sowie die Beurteilung der Toxigenität der angezüchteten Stämme, führt Dr. Jenssen aus.

Antibiotika schon auf Verdacht geben

Bei klinischem Verdacht auf eine Erkrankung durch toxinbildende Bakterien bzw. bei labordiagnostischer Bestätigung muss unverzüglich eine antibiotische Therapie eingeleitet werden. Penicillin G, Aminopenicilline in Kombination mit einem Betalaktamase-Inhibitor sowie Erythromycin kommen hierzu infrage. Ob die betroffenen Patienten zusätzlich mit Diphtherie-Antitoxin behandelt werden sollten, ist zurzeit noch unklar.

Bei schweren systemischen Infektionen wird über den Einsatz zusammen mit Antibiotika berichtet. Wenn bei chronisch Kranken oder älteren, multimorbiden Patienten schwere Haut-, Wund- und Weichgewebe-Infektionen auftreten und der Betroffene Kontakt zu Tieren hatte, muss C. ulcerans als möglicher Verursacher in Betracht gezogen werden, so das Fazit des Autors. Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod sowie bei einem Nachweis des Erregers. Die Impfung mit Diphtherie-Toxoid wird als Prophylaxe empfohlen. Sie kann eine Infektion nicht sicher verhindern, aber möglicherweise den Verlauf mildern.

Quelle: Jenssen C et al. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 1609-1612

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C. ulcerans verbreitet sich auch bei uns, z.B. über Hunde, Katzen und Rinder. C. ulcerans verbreitet sich auch bei uns, z.B. über Hunde, Katzen und Rinder. © CDC