Die therapieresistente Hypertonie ist manchmal gar keine

Dr. Barbara Kreutzkamp

Eine häufige Umstellung lässt so manchen am Sinn einer Medikation zweifeln. Eine Therapieadhärenz ist die Folge. Eine häufige Umstellung lässt so manchen am Sinn einer Medikation zweifeln. Eine Therapieadhärenz ist die Folge. © iStock.com/alexkich

Patienten mit therapieresistenter Hypertonie haben eine schlechtere Prognose. Doch bevor Sie nun ein viertes Hypertensivum draufpacken, sollten Sie nach der Ursache für den widerspenstigen Blutdruck forschen – um dann wirksam behandeln zu können.

Sinkt der in der Sprechstunde gemessene Blutdruck trotz ausdosierter Dreifachtherapie mit Kalziumantagonist, Renin-Angiotensin-Hemmer und Diuretikum nicht auf den gewünschten Wert, spricht man von Therapieresistenz. Doch bevor nun gleich medikamentös, z.B. mit Spironolacton, interveniert wird, sollte zunächst nach beeinflussbaren Gründen gefahndet werden.

Und von denen gibt es eine ganze Menge, schreiben Privatdozent Dr. Jürgen M. Bohlender vom Universitätsspital Bern und Kollegen. So kann neben einer falschen Messtechnik vor allem ein situativer Blutdruckanstieg eine Therapieresistenz vortäuschen. Deshalb steht bei jeder unkontrollierten Hypertonie zunächst die ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung zum Ausschluss eines Praxishochdrucks auf dem Programm, erinnern die Autoren.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Therapieadhärenz. Im Übermaß verordnete Medikamente, Begleit­erkrankungen oder einfach nur eine ungenügende Aufklärung über die langfristigen Risiken einer Hypertonie stehen der Therapietreue oft im Weg und fördern eine vermeintliche Therapieresistenz. Manchmal steckt nur einfach Nachlässigkeit dahinter, manchmal aber auch eine antriebsmindernde Depression oder mangelnde soziale Unterstützung. Auch die häufigen Umstellungen bei den Antihypertensiva lassen so manchen Patienten an der Sinnhaftigkeit seiner Medikation zweifeln.

Gedacht werden sollte auch an individuelle Risikofaktoren, die die optimale Blutdruckeinstellung behindern. Dazu gehören altersbedingte arteriosklerotische Prozesse, ein Zuviel an Alkohol, Rauchen und mangelnde Bewegung. Empfehlungen zur Mäßigung beim Alkohol (Männer weniger als 30 g und Frauen weniger als 20 g pro Tag) sowie zu mehr Sport oder körperlicher Betätigung von mindestens 30 Minuten an vier Tagen in der Woche gehören zur nicht-medikamentösen Standardbehandlung der Therapieresistenz – wenngleich man das den Patienten meist vergeblich predigt. Auch Abspecken, eine gesunde Ernährung, Nikotinverzicht und eine Reduktion der Kochsalzzufuhr auf unter 6 g pro Tag sollte man mit dem Patienten besprechen.

Auch der kritische Blick auf den Medikationsplan lohnt. Nicht­steroidale Antirheumatika, östrogenhaltige Kontrazeptiva und abschwellende Nasentropfen heben den Blutdruck bei empfindlichen Personen ebenso an wie z.B. systemische Glukokortikoide oder bestimmte Antidepressiva.

Nicht zu vergessen sind sekundäre Hypertonieursachen als Grund für die Therapieresistenz. Hier steht die Niereninsuffizienz an erster Stelle, daneben kommen gerade bei Älteren und bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit Nierenarterienstenosen in Betracht. Auch eine mögliche Hyperthyreose oder ein primärer Hyperaldosteronismus sollte abgeklärt werden. Eine eher seltene Ursache für die sekundäre Hypertonie ist das Phäochromozytom, so die Internisten.

Liegt tatsächlich eine nicht erklär- oder beeinflussbare Therapieresistenz vor, ist die Erweiterung der medikamentösen Dreifachkombi unvermeidlich. Manchmal hilft zwar noch der Austausch von Hydrochlorothiazid gegen ein Thiaziddiuretikum mit längerer Halbwertszeit (z.B. Indapamid, Metolazon), vor allem bei Ödem-Patienten. Ansonsten steht in der Therapieerweiterung Spironolacton mit einer Zieldosis von 25 mg pro Tag an ers­ter Stelle. Verordnet werden kann der Aldosteron-Rezeptorblocker ab einer glomerulären Filtrationsrate von 30 ml/min. Bei Kontraindikationen oder Nebenwirkungen kommen Betablocker, der Alphablocker Doxazosin oder die zentralen Sympathikolytika Moxonidin und Clonidin zum Einsatz. Minoxidil und Hydralazin gelten als Reservemedikamente.

Weniger Druck durch Überdruck

Liegt vielleicht ein obstruktives Schlaf­apnoe-Syndrom (OSAS) vor? Die nächtlichen Atemaussetzer können zu einer Therapieresistenz der Hypertonie beitragen. Erste Anhaltspunkte liefert die fehlende Nachtabsenkung in der 24-Stunden-Blutdruckmessung. Über das Internet abrufbare Fragebögen wie die Epworth Sleepiness Scale oder der Berliner Schlafapnoe-Fragebogen helfen zusätzlich weiter. Ist die OSAS-Diagnose gesichert, geht unter einer nächtlichen Überdruckbeatmung der Blutdruck durchschnittlich um 4–5 mmHg zurück. Das ist eine Abnahme, wie man sie auch unter den anderen nicht-medikamentösen Maßnahmen erwarten kann.

Aliskiren ist offenbar wirksam und verträglich

Eine bisher noch wenig beachtete Option bietet Aliskiren, schreiben Dr. Bohlender und Kollegen. Der direkte Renin-Hemmer reguliert das Renin-Angiotensin-System und hat eine Halbwertszeit von über 40 Stunden. In einer großen Studie mit therapieresistenten Hypertonikern mit weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren erwies sich Aliskiren als nachhaltig blutdrucksenkend und gut verträglich.

Quelle: Bohlender JM et al. Swiss Med Forum 2018; 18: 1059-1065

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Eine häufige Umstellung lässt so manchen am Sinn einer Medikation zweifeln. Eine Therapieadhärenz ist die Folge. Eine häufige Umstellung lässt so manchen am Sinn einer Medikation zweifeln. Eine Therapieadhärenz ist die Folge. © iStock.com/alexkich