Distorsion im oberen Sprunggelenk ist mehr als nur ein Bagatelltrauma: Instabilität bei bis zu jedem Fünften

Normalerweise sind Patienten drei Wochen nach einer Bänderdehnung am Sprunggelenk wieder relativ fit. Kommen die Betroffenen binnen 4–6 Wochen immer noch nicht auf die Beine, gilt das bereits als Alarmsignal, betonte Dr. Micha Hoyer vom Diakonie Klinikum Stuttgart. Allein der meist komplexe Verletzungsmechanismus aus Plantarflexion, Adduktion und Inversion des Fußes macht deutlich, dass viele Strukturen in Mitleidenschaft gezogen werden können. Gerade bei Sporttraumata wirken immense Kräfte aufs Sprunggelenk. Die Kapsel z.B. reißt in aller Regel mit ein, so der Experte.
Je früher Begleitverletzungen erkannt werden, desto besser lassen sie sich behandeln. Zur initialen Diagnostik gehört daher immer die Frage nach der genauen Bewegung während des Traumas. Auch relevante Vorerkrankungen und eine eventuell vorbestehende Instabilität sind zu eruieren. Entscheidene Hinweise auf den entstandenen Schaden liefern Schwellung und Hämatom (OSG, Fußaußenrand, Fußwurzel?). Und egal wie wenig oder stark ausgeprägt die Schwellung ist, eine Röntgenaufnahme würde Dr. Hoyer immer anfertigen.
Schubladentest gelingt bei erstaunlich vielen Patienten
Jeden dicken Knöchel sollte man unbedingt anfassen – und zwar samt unterem Sprunggelenk und Fußwurzel (s. Kasten). „Die Palpation erlaubt es, nahezu jede Verletzung ganz einfach zu diagnostizieren“, erinnerte der Experte. Dabei gilt es, auf Schmerzlokalisation und Bewegungseinschränkungen zu achten. Mit dem Schubladentest lässt sich schnell die Bandstabilität überprüfen. Diese Untersuchung tolerieren zwar nicht alle Patienten unmittelbar am Tag der Verletzung. Bei vorsichtigem Vorgehen gelingt sie jedoch bei erstaunlich vielen, so Dr. Hoyers Erfahrung.
Jedes geschwollene Sprunggelenk anfassen!
- Außenknöchel
- Bandverlauf, Gelenkkapsel
- Syndesmose
- Peronealsehnenloge
- Innenknöchel, Verlauf des Ligamentum deltoideum
- Subtalar- und Calcaneocuboid- Gelenke
- Lisfranc-Gelenkreihe
Rekonstruktion wegen nachlässiger Untersuchung
Wird die akute Lisfranc-Verletzung erkannt, lässt sie sich konservativ behandeln. Bei guter Knochenstellung genügt ein Gips, andernfalls bedarf es einer Drahtosteosynthese. Kommt der Schaden jedoch erst bei persistierenden Beschwerden ans Licht, ist das Gelenk womöglich in einer Fehlstellung verheilt und ein Rekonstruktionseingriff meist unumgänglich, warnte Dr. Hoyer. Eine weitere oft übersehene Instabilität hat ihren Ursprung zwischen Calcaneus und Würfelbein. Bei immerhin ca. 5 % der Patienten mit Sprunggelenksverletzung besteht gleichzeitig eine calcaneocuboidale (CC) Instabilität. Das Problem: Das CC-Gelenk erfüllt eine ganz andere Funktion als das OSG. Eine OSG-Orthese stellt diese Region somit nicht ruhig, was zu anhaltenden Beschwerden führen und letztlich eine aufwendinge Rekonstruktion zur Folge haben kann.Impingement schränkt die Beweglichkeit nicht ein
Findet sich initial ein Druckschmerz ca. 2 cm vor den Außenbändern, sollte ein Stabilitätstest in der Durchleuchtung erfolgen. Mit Gips oder Walker-Orthese erlangen Patienten mit CC-Instabilität laut Dr. Hoyer i. d. R. Schmerzfreiheit. Nach einer OSG-Distorsion kann es je nach Quelle in 1–14 % der Fälle zu einem Impingementsyndrom kommen. Dabei entwickeln sich aufgrund eines gestörten Heilungsprozesses Narbenstränge – meist, wenn eine Kapselbandverletzung vorausging. Das pathologische Gewebe wird bei Dorsalextension zwischen Talus und Tibia sowie zwischen Talus und Fibula schmerzhaft eingeklemmt. Beweglichkeit und Stabilität sind jedoch nicht eingeschränkt. Bis zur Diagnose vergehen zum Teil drei bis vier Jahre. Und auch beim Impingement kann die Bildgebung täuschen: Das Kernspin offenbart nur dem geschulten Auge spezifische Veränderungen (s. Abb. 2). Da es sich um ein mechanisches Problem handelt, kommen die Betroffenen nicht um eine athroskopische Resektion herum. Jede zehnte bis fünfte akute Bandruptur mündet in einer chronischen Sprunggelenkinstabilität. Funktionell kompensieren viele Betroffene die Schwäche teilweise, weshalb sie im Alltag keine Probleme spüren. Einige müssen ihre sportlichen Aktivitäten aber auch zurückschrauben. Der therapeutische Anspruch lautet in jedem Fall, auf eine Operation zu verzichten. Sollten jedoch konservative physiotherapeutische Maßnahmen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten versagen, bleibt keine andere Wahl, als zu operieren, um einen Gelenkverschleiß zu verhindern.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).