Ein ungewöhnlicher Fall von Gelbsucht

Dr. Vera Seifert

Es wurde die Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ gestellt. Es wurde die Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ gestellt. © magele-picture - stock.adobe.com

Ikterus, entfärbter Stuhl und dunkler Urin waren die Symptome, die einen Mann in die Klinik führten. Als Ursache ließ sich eine Raumforderung in der Leber festmachen. Doch es war kein Malignom.

Seit einer Woche hatte ein 62-Jähriger gelbe Haut, hellen Stuhl und dunklen Urin. Erhöhte Leberenzyme und Bilirubinwerte ließen das Team um Bojan Miletic vom Luzerner Kantonsspital Wolhusen die Leber in den Fokus nehmen. Tatsächlich zeigte sich im Ultraschall eine intrahepatische Cholestase und eine inhomogene Masse. Im CT sah das Gebilde aus wie ein Tumor.
Um dem Gallenstau entgegenzuwirken, setzten die Ärztinnen und Ärzte zunächst einen Stent in den Ductus hepaticus communis. Nach der Biopsie konnten sie Entwarnung geben – zumindest, was den Verdacht auf ein Malignom anging.

Stattdessen hatten sich Zeichen einer granulomatösen Entzündung ergeben. Die serologische Untersuchung deckte eine Infektion mit Echinococcus multilocularis auf. Es wurde die Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ gestellt. Wie der Mann mit dem Fuchsbandwurm in Berührung kommen konnte, ließ sich nicht feststellen. Er arbeitete als Sanitärplaner, hatte keinen Kontakt zu Tieren und keine passende Reiseanamnese.

Zunächst entschlossen sich die Kolleginnen und Kollegen wegen der Ausdehnung der Läsion und der kritischen Lage zu einer Therapie mit Albendazol. Weil sich das „Parasiten-Karzinom“ unter dieser Therapie aber weiter ausdehnte, kam es dann doch zu einer Operation.

Die alveoläre Echinokokkose ist eine schwere Zoonose, schreiben die Schweizer Ärztinnen und Ärzte. Man findet den Erreger in vielen Regionen der nördlichen Halbkugel mit einer Inzidenz von 0,03 bis 1,2 pro 100.000 Einwohner. Bis die Krankheit ausbricht, dauert es 5 bis 15 Jahre. Da in der weit überwiegenden Mehrheit der Fälle die Leber betroffen ist, sind die führenden Symptome Bauchschmerzen, Fieber und Gelbsucht. Oft äußert sich die Erkrankung aber unspezifisch, sodass die Gefahr einer Fehldiagnose groß ist. Hinzu kommt, dass die Serologie in frühen Stadien oft versagt.

Die tumorartigen Raumforderungen können sehr groß werden. Die WHO klassifiziert den Schweregrad ähnlich wie beim Tumorstaging. Dabei steht der Buchstabe P für die Ausdehnung der Parasitenmasse innerhalb der Leber, ein N für die Beteiligung von benachbarten Organen und ein M für die metastatische Streuung.

Die Therapie der Wahl ist die Operation. Dabei setzt man Albendazol, Mebendazol oder Praziquantel ein, um den Eingriff zu erleichtern und Rezidive zu verhindern. Kommt eine Entfernung des zerstörten Lebergewebes wegen der Lage, der Ausdehnung oder des Gesundheitszustands von Patientin oder Patient nicht infrage, kann man eine alleinige Therapie mit Albendazol versuchen. Damit lässt sich die Progression eventuell aufhalten, eine Heilung ist aber nicht garantiert. Unbehandelt liegt die Mortalität der alveolären Echinokokkose bei 90 % innerhalb von 15 Jahren.

Quelle: Miletic B et al. Travel Med Infect Dis 2024; 63: 102790; DOI: 10.1016/j.tmaid.2024.102790

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Es wurde die Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ gestellt. Es wurde die Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ gestellt. © magele-picture - stock.adobe.com