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Eine Aortendissektion kann sich hinter unerwarteten Symptomen verbergen

Eine Aortendissektion wird bei 38 % der betroffenen Patienten übersehen, in 28 % der Fälle stellt man sie sogar erst nach dem Tod fest. Warum das so ist, zeigt eindrucksvoll eine Kasuistik aus einer kanadischen Notfallambulanz.
Bei der 57-jährigen Patientin sprach eigentlich alles für ein neurologisches Problem. Während der Physiotherapie war sie mit tonisch-klonischen Krämpfen zusammengeklappt. Der Anfall hatte sich auch im Krankenwagen fortgesetzt. Im Krankenhaus angekommen fiel neben einer rigiden Hyperflexion im Ellbogengelenk und der Hyperextension der linken Hüfte vor allem der niedrige Blutdruck ins Auge, berichten die Herzchirurgin Dr. Rachel Eikelboom und ihr Kollege von der Abteilung für Notfallmedizin Dr. Noam Katz, St. Boniface Hospital, Winnipeg.
Nachdem Midazolam nicht wirklich weiterhalf, wurde die 57-Jährige intubiert und beatmet. Labor, EKG und Röntgen-Thorax waren unauffällig, der Blutdruck fiel jedoch immer weiter. Die Kanadier fahndeten daraufhin per Ultraschall des Abdomens nach nicht-neurologischen Ursachen. Das rettete der Frau wahrscheinlich das Leben. Denn im Sono fand sich ein Aneurysma dissecans, das von der Aortenwurzel ausging. Das CT-Angiogramm zeigte das Ausmaß: Die Dissektion reichte vom Koronarsinus bis in die rechte A. iliaca communis und verlegte auch die rechte A. carotis – was die neurologischen Symptome erklärte. Die sofort durchgeführte Notfall-OP überstand die Frau gut und neun Tage später wurde sie mit unauffälligem neurologischem Status entlassen.
Die klassischen Zeichen – plötzlicher Schmerz in Brust oder Rücken sowie Puls- und Blutdruckdifferenzen zwischen rechten und linken Extremitäten – sollten laut den Autoren zwar stets an eine akute Aortendissektion denken lassen, ihr Fehlen sei aber keinesfalls ein Ausschlusskriterium. Brustschmerz erlebt nur jeder zweite Patient, auch die Durchblutungsunterschiede in Armen oder Beinen fehlen bei 62 %. 30 % kommen wiederum mit neurologischen Symptomen, am häufigsten Synkope und Schlaganfall.
Ungeklärte neurologische Symptome in der Notfallaufnahme sollten Anlass sein, misstrauisch zu werden, warnen die beiden Kollegen. Das gilt vor allem bei gleichzeitig positiver Familienanamnese. Der Ultraschall kann in solchen Fällen weiterhelfen. In erfahrenen Händen beträgt seine Sensitivität 88–96 % für eine herznahe Aortendissektion. Bei der 57-Jährigen hätte man eventuell auch früher auf die Diagnose kommen können: Schon Mutter und Tante waren an einem rupturierten Aneurysma gestorben.
Quelle: Eikelboom R, Katz N. CMAJ 2020; 192: E283-285; DOI: 10.1503/cmaj.190822
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