Leistungsfähigkeit trotz chronischer Aortengraftinfektion wieder erreichbar

Dr. Sascha Bock

Im Blut tummelten sich Bakterien. Im Blut tummelten sich Bakterien. © SciePro – stock.adobe.com

Etwa jeder Fünfte mit einer Aortengraftinfektion stirbt. Trotz der Odyssee, die ein Patient durchleben musste, ging es für ihn aber halbwegs glimpflich aus. Die Gefäßprothese blieb drin. Dafür musste ein Teil des Ösophagus raus und der Mann nimmt nun dauerhaft Antibiotika ein.

Nachdem man es drei Jahre lang mit einer konservativen Strategie probiert hatte, wurde ein 50-Jähriger schließlich doch mit einer Gefäßprothese versorgt. Der Mann litt unter einer Non-A-non-B-Dissektion – einer Dissektion von Aortenbogen und Aorta descendens ohne Befall der Aorta ascendens. Ein Wurzel- und kompletter Bogenersatz mittels Frozen-Elephant-Trunk sollte Abhilfe schaffen und u.a. die progredienten, immobilisierenden Rückenschmerzen des Patienten lindern.

Sieben Monate nach dem Eingriff kam es jedoch zu einer Komplikation, die nur 1–2 % der Operierten entwickeln: einer Aortengraftinfektion. Im Blut tummelten sich Streptococcus constellatus und Aggregatibacter aphrophilus. Auf eine Revision verzichteten die Herzchirurgen wegen der zu erwartenden perioperativen Mortalität von über 25 %, schreiben Dr. Ludwig Schretzenmayr vom Kantonsspital Glarus und Kollegen. Stattdessen erfolgte zunächst eine intravenöse antiinfektive Behandlung, die im Verlauf auf eine chronische Suppressionstherapie mit Levofloxacin p.o. umgestellt wurde.

Ösophagus-Endoskopie gab freie Sicht auf die Prothese

Weitere fünf Monate später erforderte die nächste Bakteriämie, diesmal mit Prevotella spp., eine Medikamentenanpassung. Sieben Monate darauf dann die erneute Einweisung: Eine paravetrebrale Phlegmone auf Höhe L2/3 verursachte immobilisierende Rückenbeschwerden, trotz Antibiotika wuchsen Enterokokken und Streptokokken in der Blutkultur.

Die CT-Angio offenbarte schließlich die Keimquelle. Im Bereich des Aortenbogens hatte sich eine Fistel zwischen Ösophagus und Graft gebildet, die rückwirkend bereits in der PET/CT (s. Kasten) beim ersten Infektionsnachweis bestanden hatte, räumen die Autoren ein.

Bildgebung bei Verdacht auf Graftinfektionen

Folgende diagnostischen Kriterien sprechen in der kontrastmittelverstärkten CT-Angio für eine Aortengraftinfektion:
  • Flüssigkeitsansammlung um den Graft
  • kontrastmittelaufnehmende Abszessformationen
  • perivaskuläre Fettgewebsimbibierung
  • Gasbildung in der Nähe des Grafts
Im Optimalfall erfolgt eine kombinierte Bildgebung (PET/CT-Angio). Die Positronen-Emissions-Tomographie ist bei leichten Infektionen sensitiver. Allerdings schränken Fremdkörper- und Gewebereaktionen die Spezifität ein, sodass die PET/CT erst ab der zehnten postoperativen Woche verwertbare Ergebnisse liefert. Wird eine intestinale Graft-Fistel vermutet, bietet sich zudem eine Endoskopie an.

Derartige aortoösophageale Fisteln gelten als Spätkomplikation. Arrodiert die Prothese, drohen Blutungen, die eine hohe Mortalität von 75 % bedingen. Prognostisch entscheidend ist folglich die Trennung von Graft und Verdauungstrakt. Häufig erhalten die Betroffenen auch einen In-situ-Graftersatz. Dieser kam für den mit extensivem Fremdmaterial versorgten Mann aber nach wie vor nicht infrage. Den Ärzten blieb aufgrund der Größe des Defekts – in der Endoskopie hatte man freie Sicht auf das Implantat – nur die Umleitung des Ösophagus. Das bedeutete konkret: minimalinvasive, subtotale, vaguserhaltende Ösophagektomie (Diskontinuitätsresektion), linkszervikale Ösophagostomie, Blindverschluss des Magens und PEG* zur enteralen Ernährung. Postoperative Schwierigkeiten traten dieses Mal keine auf. Allerdings wurde die intestinale Kontinuität erst vier Jahre später wieder hergestellt. Inzwischen ist der Patient voll arbeitsfähig, berichten die Schweizer Kollegen. Die antiinfektive Suppressionstherapie braucht er sein Leben lang. Unter Amoxicillin/Clavulansäure plus Minocyclin zeigen sich normale Entzündungswerte, die metabolische Aktivität am Graft besteht laut PET/CT aber weiter (rückläufig). Letztlich hat der Betroffene auch ohne Prothesenaustausch eine zufriedenstellende Leistungsfähigkeit und Lebensqualität erlangt. 

* perkutane endoskopische Gastrostomie

Quelle: Schretzenmayr L et al. Swiss Med Forum 2020; 20: 296-299; DOI: 10.4414/smf.2020.08383

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Im Blut tummelten sich Bakterien. Im Blut tummelten sich Bakterien. © SciePro – stock.adobe.com