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Eisenmangel kann Depressionen bedingen

Eisenmangel und Anämie zählen zu den häufigsten extraintestinalen Komplikationen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED). Das Metalldefizit wird oft durch (okkulte) Blutverluste aus intestinalen Läsionen ausgelöst. Daneben spielt die entzündungsbedingt verringerte Fe-Aufnahme eine wichtige Rolle, schreibt das Team um Peter König von der Medizinischen Universität Wien. Unabhängig vom Eisenmangel können die Medikation (z.B. Azathioprin) und ein resorptionsbedingter Vitamin-B12-Mangel eine Anämie triggern.
35 % der Patienten hatten einen Eisenmangel
Bekannt ist zudem, dass CED-Patienten vermehrt an psychischen Symptomen wie Angst und Depression leiden. Unklar war bisher jedoch, ob diese Beschwerden durch eine unzureichende Eisenversorgung getriggert werden. Um diese Wissenslücke zu füllen, starteten die Wiener Kollegen eine Studie bei ambulanten Patienten mit Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa. Von 98 Teilnehmern konnten sie die Ergebnisse einer Blutuntersuchung auswerten, 88 von ihnen hatten Fragebogen zum seelischen Befinden ausgefüllt.
Anämie war definiert als ein Hb < 12 g/dl (Frauen) bzw. < 13 g/dl (Männer). Von einem Eisenmangel gingen die Autoren aus, wenn der Ferritinspiegel unter 30 µg/l lag. Auch Patienten mit einem Ferritinwert unter 100 µg/l und einer Transferrinsättigung < 20 % erfüllten die Kriterien, wenn sie eine aktive Entzündung aufwiesen (CRP > 0,5 mg/dl).
Von den labordiagnostisch untersuchten CED-Patienten hatten 35 % einen Eisenmangel, 16 % erfüllten die Kriterien für eine Anämie und 30 % litten an einer akuten intestinalen Entzündung. Die Schlafqualität war im Großen und Ganzen ähnlich wie die gesunder Menschen. Personen mit Crohn bzw. Colitis ulcerosa litten aber vermehrt an chronischer Erschöpfung, Angst und Depressionen. Gerade Studienteilnehmer mit unzureichender Eisenversorgung und Anämie fühlten sich häufig depressiv. Sie neigten auch vermehrt zu Erschöpfung. Ein Zusammenhang mit der Entzündungsaktivität ließ sich jedoch nicht nachweisen.
Aerobe Prozesse hängen von der Verfügbarkeit von Eisen ab
Es konnte bereits gezeigt werden, dass eine Eisensubstitution Fatigue lindert und die Lebensqualität von CED-Patienten auch dann steigert, wenn noch keine Anämie vorliegt. Diesen günstigen Einfluss erklären sich die Autoren damit, dass der Eisenmangel nicht nur die Hämoglobinproduktion beeinflusst. Das Metall ist auch ein wichtiger Baustein vieler anderer Proteine. Vor allem der aerobe Metabolismus hängt von der Verfügbarkeit des Eisens ab, was sich besonders in Organen mit hohem Sauerstoffbedarf wie dem Gehirn bemerkbar macht. Gleichzeitig wird auch für die Synthese bestimmter Neurotransmitter, insbesondere des Dopamins, Eisen benötigt.
Damit lässt sich unschwer erklären, warum ein Defizit zu neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Depression und Fatigue führt. Als Grund für den fehlenden Einfluss auf die Schlafqualität vermuten die Autoren einen gewissen Gewöhnungseffekt im Verlauf der chronischen Erkrankung. Außerdem klagte die Subgruppe der besonders beeinträchtigten Patienten mit nächtlichen Stuhlentleerungen sehr wohl über eine vermehrte Insomnie.
In der Praxis fehlt es allerdings oft noch am Bewusstsein für die deletären Folgen des Eisenmangels bei Menschen mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung, monieren die Wiener Kollegen. Depression und Angststörung werden in dieser Patientengruppe oft übersehen. Umso wichtiger sind die routinemäßige Kontrolle des Ferritinspiegels und die gezielte Fahndung nach psychischen Begleiterkrankungen.
Ein Eisendefizit sollte in diesem Hochrisikokollektiv umgehend ausgeglichen werden. Mit diesem einfachen Schritt ließen sich Fatigue und Depression nachhaltig bessern. Außerdem hat die Supplementierung einen günstigen Einfluss auf die Lebensqualität, hilft beim Erhalt der Arbeitsfähigkeit und verringert wahrscheinlich auch den stationären Behandlungsbedarf.
Quelle: König P et al. Z Gastroenterol 2020; 58: 1191-1200; DOI: 10.1055/a-1283-6832
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